Hydroxylamīn

[698] Hydroxylamīn (Oxyammoniak) NH3O oder NH2OH entsteht bei Reduktion von Salpetersäure (HNO3), deren Salzen und Estern, von salpetriger Säure und deren Salzen sowie von Stickoxyd mit Zinn und Salzsäure, mit schwefliger Säure, mit Schwefelmetallen, Magnesium, Natriumamalgam etc. Zur Darstellung von H. löst man salzsaures H. in Methylalkohol, behandelt es mit Natriummethylat, wobei Chlornatrium, Methylalkohol und H. entstehen, und destilliert den Methylalkohol unter vermindertem Druck ab. H. bildet zerfließliche, farblose Kristalle, die bei 33° schmelzen und über 100° explodieren; es greift Glas und Kork an, löst sich leicht in Wasser und Alkohol, sehr wenig in Äther. Flüssiges H. ist schwerer als Wasser, geruchlos, reagiert alkalisch, wirkt sehr stark reduzierend; die alkoholische Lösung ist sehr giftig, wirkt reizend auf die Haut und in Lösung von 1: 1000 stark antiseptisch. Beim Erhitzen der Lösungen zerfällt H. in Stickstoff, Stickoxydul, Ammoniak und Wasser. Seine Salze reduzieren Fehlingsche Lösung schon in der Kälte, das Doppelsalz des salzsauren Hydroxylamins mit Platinchlorid ist in Wasser und Alkohol leicht löslich (Trennung von Ammoniumchlorid). Salzsaures H. (Oxyammoniumchlorid) NH2OH.HCl erhält man auch leicht aus Knallquecksilber mit Salzsäure; es bildet farblose, in Wasser leicht, in Alkohol schwerer lösliche Blättchen. Zur Darstellung von schwefelsaurem H. (Oxyammoniumsulfat) (NH2.OH)2 H2SO4 mischt man die Lösungen von 2 Molekülen Natriumbisulfit mit 1 Molekül Natriumnitrit, erwärmt die erhaltene Lösung von hydroxylamindisulfosaurem Natron N(SO2ONa)2.OH auf 100 bis 130° und trennt die Sulfate des Hydroxylamins[698] und des Natriums durch Kristallisation. Es bildet große Kristalle, ist löslich in Wasser, nicht in Alkohol, schmilzt bei 170° unter Zersetzung und bildet Alaune. Das hydroxylamindisulfosaure Kali, aus dem Natriumsalz durch Zusatz von Chlorkalium zu erhalten, bildet durchsichtige glänzende Kristalle, färbt sich sein zerrieben mit Bleisuperoxyd prachtvoll violett und kommt als Reduziersalz in den Handel. H. dient als Reduktionsmittel und als Reagens auf Aldehyde und Ketone. Es wurde auch als Arzneimittel bei Psoriasis empfohlen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 698-699.
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