Interpellation

[890] Interpellation (lat.), Unterbrechung; dann Einrede, Einspruch, Mahnung des Gläubigers an den Schuldner (s. Verzug); parlamentarisch die förmliche Anfrage, die an die Staatsregierung um Auskunfterteilung oder um Rechenschaft über eine Angelegenheit gerichtet wird. Manche Verfassungen (z. B. die[890] preußische, Art. 81) räumen den Kammern das Recht, die Regierung zu interpellieren, ausdrücklich ein. Hier besteht für die Regierung die Verpflichtung zur Beantwortung, sei es, daß dieselbe materiell auf die Sache eingeht, sei es, daß sie ablehnend ausfällt. Aber auch da, wo die Verfassung ein Interpellationsrecht des Parlaments nicht ausdrücklich anerkennt, finden Interpellationen statt, so namentlich auch im deutschen Reichstag. Nach der Geschäftsordnung des Reichstags (§ 32 ff.) müssen Interpellationen an den Bundesrat von mindestens 30 Mitgliedern unterzeichnet sein und dem Präsidenten übergeben werden, der sie dem Reichskanzler abschriftlich mitteilt und diesen in der nächsten Sitzung zur Erklärung darüber auffordert, ob und wann er die I. beantworten werde. Im Bejahungsfall wird dann der Interpellant an dem bestimmten Tage zur Ausführung der I. zugelassen. Eine Verhandlung darf sich an die Beantwortung oder Ablehnung der I. anschließen, wenn mindestens 50 Mitglieder darauf antragen. Abgesehen von der förmlichen I. ist es auch den Abgeordneten unbenommen, Anfragen über einen Gegenstand an die Vertreter der Regierung zu richten, wie dies namentlich bei der Etatsberatung vielfach geschieht. Allerdings besteht keine Verpflichtung zur Beantwortung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 890-891.
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