Jordan [1]

[304] Jordan (hebr. Jardēn, jetzt von den Arabern e'-Scheria, »Tränkplatz«, genannt), der einzige große und ständige Strom Palästinas, dessen eine Hauptverwerfungsspalte einnehmendes Flußbett eine Einsenkung unter die Meeresfläche bildet. Sein Quellgebiet liegt an dem noch im September mit Schneemassen bedeckten Hermon (2759 m). Der östliche Quellfluß, der in einer Felsengrotte bei dem Dorfe Banias (dem alten Paneas) in 330 m Höhe entspringt, fließt 8 km südwestwärts durch eine fruchtbare Landschaft bis zur Vereinigung mit dem mittlern Quellarm, dem stärksten von allen, der bei Tell el Kadi (dem alten Dan) aus einem großen Becken herausfließt. Beide zusammen fallen bald in den westlichen Quellarm, den Nahr Hasbani, der am Westabhang des Hermon in 520 m Höhe entspringt. Der vereinigte Strom durchfließt nach S. zunächst das Sumpftal Ard el Huleh und den kleinen Schilfsee Bahr el Huleh (fälschlich Meromsee genannt), der in 2 m Höhe liegt, sodann mit starkem Fall in zahllosen Kaskaden ein nur 16 km langes enges, steiniges Tal, um sich in den See von Genezareth (Tiberiassee, jetzt Bahr Tabarije) zu ergießen, der bereits 208 m unter dem Spiegel des Mittelmeers liegt. Aus dem See Genezareth tritt der Fluß in die El Ghor (s. Ghor) genannte, auf beiden Ufern von steil abfallenden Tafelländern eingefaßte Ebene, die sich, 7–16 km breit, bis zum Toten Meer (und darüber hinaus) erstreckt. Schilfröhricht und Tamarisken bedecken die Ufer des außerordentlich stark gewundenen Flusses. In der Nähe von Jericho zeigt man die Stelle, wo Jesus von Johannes die Taufe empfing, und die dichtbewaldeten Ufer sind namentlich um Ostern von Pilgerscharen bedeckt, die sich hier baden. Endlich mündet der J. in zw. i seichten Armen in das Nordende des 394 m unter dem Mittelmeer gelegenen Toten Meeres (Bahr Lut). Er fällt vom Fuß des Hermon bis zum Huleh schnell[304] 518, von da bis zum See Genezareth 210, weiter bis zum Toten Meer 186 m, zusammen 914 m; seine Länge beträgt 215 km, mit Einrechnung der außerordentlich zahlreichen Krümmungen aber das Drei- bis Vierfache. Drei Brücken führen über den J.: die »Brücke der Töchter Jakobs« südlich vom Hulehsee, die Dschisr Medschamia unterhalb des Sees Genezareth und die Gitterbrücke bei Jericho. Die wichtigsten Nebenflüsse des Jordans sind rechts der Zerka oder Jabbok und der Scheriat el Menadhire, der vom Haurangebirge kommt. Im Jordangebiet kommen 36 Fischarten vor, von denen 16 nur ihm eigentümlich sind. S. Karte »Palästina«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 304-305.
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