Bähr

[276] Bähr, 1) Georg, Architekt, geb. 1666 in Fürstenwalde, gest. 1738 in Dresden als Ratszimmermeister, hat sich durch den Bau der im Barockstil kühn konstruierten und malerisch wirkenden Dresdener Frauenkirche einen Namen gemacht.

2) Christian, Philolog, geb. 13. Juni 1798 in Darmstadt, gest. 29. Nov. 1872 in Heidelberg, studierte seit 1815 in Heidelberg, habilitierte sich daselbst 1819 und ward 1821 außerordentlicher, 1823 ordentlicher Professor der klassischen Philologie, 1832 Oberbibliothekar. Seine Hauptwerke sind die »Geschichte der römischen Literatur« (Karlsr. 1828–32, 2 Bde.; 4. Aufl. 1868–70, 3 Bde.); dazu als Supplemente: »Die christlichen Dichter und Geschichtschreiber Roms« (das. 1836, 2. Aufl. 1872, den 4. Band der neuen Ausgabe bildend), »Die christlich-römische Theologie« (das. 1837), »Geschichte der römischen Literatur im karolingischen Zeitalter« (das. 1840); und die Ausgabe des Herodot (Leipz. 1880–35, 4 Bde.; 2. Aufl 1856–1861). Vorher erschienen Plutarchs »Alkibiades« (Heidelb. 1822) und »Philopömen, Flamininus, Pyrrhos« (Leipz. 1826) sowie die Fragmente des Ktesias (Frankf. 1824). B. redigierte seit 1834 mit Schlosser und Muncke, seit 1847 allein die »Heidelberger Jahrbücher«.

3) Otto, Rechtsgelehrter, geb. 2. Juni 1817 in Fulda, gest. 17. Febr. 1895 in Kassel, wurde 1849 zum Obergerichtsrat in Kassel ernannt, 1851 an das Obergericht zu Fulda versetzt, 1856 an das Obergericht Kassel zurückberufen und hier 1863 zum Oberappellationsrat befördert. Nach der Einverleibung Hessens trat B. in das für die neuerworbenen preußischen Provinzen gebildete Appellationsgericht in Berlin, bei Errichtung des deutschen Reichsgerichts in Leipzig als Rat in dieses ein. Körperliches Leiden nötigte ihn 1881 zum Austritt aus dem Staatsdienst. Seinen Ruf als Theoretiker begründete er durch die Monographie »Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund« (Kassel 1855, 2. Aufl. 1867) sowie durch zahlreiche Aufsätze in den von Ihering begründeten, seit 1873 von B. mit herausgegebenen »Jahrbüchern für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts«. Aufsehen erregte seine scharfe Kritik des deutschen Zivilprozesses (»Der deutsche Zivilprozeß in praktischer Betätigung«, Jena 1885; »Noch ein Wort zum deutschen Zivilprozeß«, das. 1886; »Die Prozeßenquete des Professor Dr. Wach«, Kassel 1888). Von seinen Schriften sind noch zu nennen: »Der Rechtsstaat« (Kassel 1864); »Urteile des Reichsgerichts mit Besprechungen« (Münch. 1883); »Gegenentwurf zu dem Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich« (Kassel 1892); auf anderm Gebiete: »Das Tonsystem unsrer Musik« (Leipz. 1882); »Eine deutsche Stadt vor 60 Jahren, kulturgeschichtliche Skizze« (2. Aufl., das. 1886); »Das frühere Kurhessen, ein Geschichtsbild« (2. Aufl., Kassel 1895) und »Gesammelte Aufsätze« (Leipz. 1895, 2 Bde.). B. war 1867–80 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und des deutschen Reichstags, wo er der nationalliberalen Partei angehörte, sowie 1875–76 der Reichsjustizkommission.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 276.
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