Kaffeïn

[423] Kaffeïn (Koffeïn, Theïn, Guaranin, Methyltheobromin, Trimethyldioxypurin) C8H10N4O2 Alkaloid, nach seiner Konstitution eine Xanthinbase, als welche es zum Xanthin, Theobromin, Theophyllin, Hypoxanthin, Guanin und Adenin in naher Beziehung steht. Die Xanthinbasen sind Abkömmlinge eines stickstoffhaltigen Ringsystems, des Purins C5H4N4, das zugleich auch die Stammsubstanz der Harnsäure ist. K. ist C5HNO2(NCH3)3 oder

Tabelle

K. findet sich in den Samen (0,9–1,4 Proz.) und Blättern (1,15–1,25 Proz.) des Kaffeebaumes, im chinesischen Tee (2–3,5 Proz.), im Paraguaytee von Ilex [423] paraguariensis, in der Guarana (5 Proz.) von Paullinia sorbilis und in den Kolanüssen von Cola acuminata, im Buschtee (den Blättern einer Cyclopia-Art Südafrikas), im Apalachentee Nordamerikas, auch in geringerer Menge im Kakao, also in einer Reihe von Genußmitteln, welche die Völker Asiens, Afrikas und Amerikas dem Pflanzenreich entnommen haben. K. entsteht beim Erhitzen von Theobromin mit Jodmethyl, Xanthin C5H4N4O2 wird durch Methylierung zuerst in Theobromin (Dimethylxanthin) und dann in K. überführt. Auch aus Harnsäure, Methyl- und Dimethylharnsäure kann K. künstlich dargestellt werden. Es bildet farb- und geruchlose, seidenglänzende Kristallnadeln mit 1 Molekül Kristallwasser, schmeckt schwach bitter, löst sich schwer in Wasser, Alkohol und Äther, leicht in Benzin, Chloroform, verwittert an der Luft, wird bei 100° wasserfrei, schmilzt dann bei 234° und sublimiert bei höherer Temperatur unzersetzt. Es reagiert neutral und bildet mit Säuren kristallisierbare, sauer reagierende Salze, die durch Wasser zersetzt werden. Mit chlorsaurem Kali und Salzsäure bildet es Dimethylalloxan und Monomethylharnstoff. Mit Chlor bildet es Methylharnstoff, mit Chromsäure Dimethylparabansäure, Ammoniak, Methylamin und Kohlensäure. Es galt früher als das alleinige wirksame Prinzip im Kaffee und Tee und als ein nährender Stoff; es ist ihm aber jedenfalls nur ein Teil der Wirkungen jener Genußmittel zuzuschreiben. In kleinen Dosen erregt K. die Nervenzentren, besonders das Großhirn und die Zentren im verlängerten Mark, in sehr großen Dosen wirkt es auf diese Zentren lähmend. 0,2–0,5 g steigern die psychische und die Muskeltätigkeit, den Blutdruck und die Harnabscheidung. Wenig größere Dosen erregen besonders die Phantasie, kräftige Dosen erzeugen Gedankenverwirrung, Ohrensausen, Pulsieren der Schläfe, Beklemmung, Zittern der Hände, fadenförmigen, aussetzenden Puls und nachfolgende Depression. Bei Tieren tritt nach größern Dosen unter allgemeiner Muskellähmung der Tod durch Ersticken ein. Beim Menschen ist die Giftwirkung nicht bedeutend und von Individualität und Gewöhnung sehr abhängig. Man benutzt Kaffeinsalze gegen Nervenleiden, Kopfschmerz als Diuretikum etc. K. wurde 1820 von Runge im Kaffee, 1827 von Oudry im Tee entdeckt. 1898 bewirkte Fischer die Synthese des Kaffeins von der Methylharnsäure aus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 423-424.
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