Kiebitz [1]

[882] Kiebitz (Vanellus Briss.). Gattung der Watvögel aus der Familie der Regenpfeifer (Charadriidae), schlank gebaute Vögel mit kurzem Hals, großem Kopf, aufrichtbarer Holle, mittellangem, schlankem, vorn bauchig gewölbtem Schnabel, stumpfen Flügeln, geradem Schwanz und mittellangen, vierzehigen Füßen mit kleiner Hinterzehe. Der gemeine K. (Kiwit [nach seinem Schrei benannt], Geibitz, Geißvogel, V. vanellus L., s. Tafel »Watvögel II«, Fig. 4) ist 34 cm lang, 70 cm breit. Oberkopf, Vorderhals, Oberbrust, die aus langen, schmalen Federn gebildete Holle auf dem Kopf und die Hälfte des Schwanzes sind schwarz, die Federn des Mantels dunkelgrün, die Halsseite, die Unterbrust, der Bauch und die hintere Hälfte der Schwanzfedern weiß. Das Weibchen hat einen schwarz und weiß gefleckten Vorderhals. Der K. findet sich in Mittel- und Nordeuropa bis zum 62.° nördl. Br., am häufigsten in Holland, in Südeuropa nur vereinzelt, durch Sibirien bis Japan, bei uns erscheint er im Februar oder März und weilt bis Oktober. Dem großen Wanderheer, das bis Nordafrika, Südwestasien, Nordindien und dem südlichen China geht, ziehen stets einzelne Vögel voraus. Er bewohnt sumpfige Wiesen, ist ungemein beweglich, läuft zierlich und behend, fliegt vortrefflich und mit den mannigfaltigsten Wendungen, spielt beim Gehen und Fliegen beständig mit seiner Holle und läßt seine Stimme fleißig ertönen. Der K. zeigt unermüdliche Wachsamkeit, durch die er auch andre Vögel schützt und den Jägern verhaßt wird. Er nährt sich von Regenwürmern, Insektenlarven, Schnecken etc. und trinkt und badet mehrmals am Tage. Er nistet in seichten Vertiefungen auf Wiesen, feuchten Äckern, legt Ende März oder Anfang April vier große, birnförmige, matt olivengrüne oder bräunliche, dunkel punktierte Eier (s. Tafel »Eier II«, Fig. 8) und verteidigt diese und die Jungen mit größter Kühnheit. Das Weibchen zeitigt die Eier in 16 Tagen. In der Gefangenschaft hält er sich sehr gut; das Fleisch der jungen Vögel ist schmackhaft. Bei uns bilden die Eier eine Delikatesse. Sie werden hart gekocht, wobei das Eiweiß durchsichtig bleibt. Als Surrogate gehen die Lachmöwen- und andre Möweneier, auch wohl Krähen- und Teichhuhneier, die Eier des Goldregenpfeifers, des Rotschenkels, des Kampfhahns, der Bekassine und Avocette.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 882.
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