Kipling

[29] Kipling, Rudyard, namhafter engl. Schriftsteller, geb. 30. Dez. 1865 in Bombay als Sohn des Malers J. Lockwood K., der viele Jahre im indischen Staatsdienst tätig war (er veröffentlichte das illustrierte Werk »Beast and man in India«, 1891), wurde dort und in Allahabad erzogen und bildete sich auf größern Reisen, die er durch das Radschputenland nach Bengalen, Birma, China, Japan und Nordamerika unternahm. Seiner Erstlingsschrift: »Echoes« (Lahor 1884), folgten zunächst kurze Erzählungen, die ebenfalls in Indien erschienen und infolgedessen nur geringe Verbreitung fanden. Desto größer war ihr Erfolg, als sie (Anfang 1890) in England selbst bekannt wurden, wo K. bald der literarische Tagesheld ward. Er gibt die anschaulichsten Bilder aus dem Leben der anglo-indischen Gesellschaftskreise, im Zivil und Militär, im Krieg und Frieden, wie in den untern Schichten der Eingebornen. Von seinen Erzählungen, die meist auch ins Deutsche übersetzt sind, nennen wir: »Plain tales from the hills« (1887), »Soldiers three«, »In Black and White«, »Under the Deodars«, »Wee Willie Winkie«, »The phantom 'Rickshaw«, »The story of the Gadsbys« (1888–89), »Life's Handicap« (1890), »The light that failed« (1891), »Many inventions« (1893). Seine originellsten Schöpfungen sind: »The Jungle Book« (1894), »Second Jungle Book« (1895), worin er das intimste Verhältnis zur Natur gewinnt. Älteste literarische Tradition, die bis zum mittelalterlichen Bestiarium zurückführt, und der Mystizismus der Hindu verbinden sich hier mit modernstem Realismus zur Darstellung dieser kulturellen Tierfabeln. Auch in Versen hat sich K. versucht mit den »Departmental ditties« (1886) und »Barrack room ballads« (1892). Zu den letzten Erscheinungen gehören: »The Seven Seas« (1896), »Captains Courageous« (1897), »The Day's Work« (1898), »Stulky and Co.« (1899) und »Kim« (1901). Das große Interesse für K. beruht nicht bloß auf der buntschillernden Mannigfaltigkeit der uns meist fremden Stoffe, sondern vielleicht noch mehr auf seiner stilistischen Vielseitigkeit, mit der er der schärfsten Beobachtung wahren Lebens wie seinen schwungvollsten Phantasien zu gleichermaßen packendem Ausdruck verhilft. Sein Bildnis s. Tafel »Klassiker der Weltliteratur I«, bei Art. »Literatur«. Vgl. Monkshood, Rudyard K., the man and his work (3. Aufl., Lond. 1902); Le Gallienne, R. K., a criticism (das. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 29.
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