Kirchenzucht

[61] Kirchenzucht (Bußzucht, Kirchendisziplin, Disciplina ecclesiastica), der Inbegriff aller der Mittel, deren sich das Kirchenregiment bedient, um das kirchliche Gemeindeleben in seinem christlichen Bestand zu erhalten oder wiederherzustellen; im engern Sinn eine direkte Einwirkung (Geldstrafe, Ausstoßung, Bann) auf die Individuen, die durch notorische und schwere sittlich-religiöse Verirrungen einer christlichen Gemeinde als solcher ein Ärgernis gegeben haben. Auch in der protestantischen Kirche, besonders in der reformierten und unter den Puritanern, fand die K. Eingang, später ist sie aber so gut wie gänzlich außer Übung gekommen. In jüngster Zeit ist man bestrebt, die K. wieder neuzubeleben, und hat dabei auch wieder den reformatorischen Gedanken der Beteiligung der Gemeinde an ihr zur Anerkennung gebracht. Insbesondere ist es jetzt, nachdem der Staat endgültig die zwangsweise Verbindung der Staatsangehörigen mit der Kirche aufgegeben hat, die K., mit deren Mittel die letztere auf die Erfüllung der kirchlichen Pflichten in bezug auf Taufe, Konfirmation und Trauung hinzuwirken hat. Die Zuchtmittel sind nach den neuern Kirchenordnungen Verlust des Rechtes der Taufpatenschaft, Ausschluß vom Abendmahl, Verlust der kirchlichen Wahlrechte, der kirchlichen Beerdigung u. a. Vgl. Geistliche Gerichtsbarkeit.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 61.
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