Kremer

[633] Kremer, 1) Jozef, poln. Philosoph und Ästhetiker, geb. 1806 in Krakau, gest. daselbst 2. Juni 1875, besuchte die Universität seiner Vaterstadt, studierte dann in Berlin, Heidelberg und Paris, eröffnete, nachdem er sich an dem polnischen Befreiungskrieg 1830–31 beteiligt hatte, in Krakau eine Erziehungsanstalt und wurde 1847 zum Professor der Philosophie an der Krakauer Universität ernannt. Seine wichtigern philosophischen Schriften sind: »System der Philosophie« (Krak. 1849–52, 2 Bde.); »Briefe aus Krakau« (Wilna 1843–55, 3 Bde., wovon der 1. Bd. die Grundsätze der Ästhetik, der 2. und 3. Bd. die Geschichte der künstlerischen Phantasie behandeln). Außerdem schrieb er: »Italienische Reise« (Wilna 1861–64, 5 Bde.). Seine Werke sind in 12 Bänden herausgegeben von Struve mit ausführlicher Biographie und Darstellung seiner Lehre (Warsch. 1877–81). Wie bei andern philosophischen Schriftstellern bildet auch für K. das Hegelsche System den Ausgangspunkt.

2) Alfred, Freiherr von, namhafter Orientalist, geb. 13. Mai 1828 in Wien, gest. 27. Dez. 1889 in Döbling bei Wien, studierte in seiner Vaterstadt Philosophie und Rechtswissenschaft, trieb daneben auf eigne Hand Arabisch, Hebräisch und Persisch und bereiste[633] 1849–51 Syrien und Ägypten. Nach seiner Rückkehr erhielt er die Professur des Vulgärarabischen am Wiener Polytechnikum, wurde 1858 Vizekonsul, 1859 Konsul in Kairo, erhielt 1870 das Generalkonsulat in Beirût und wurde 1872 zum Ministerialrat im Ministerium des Auswärtigen in Wien ernannt. Nachdem er seit Mai 1876 als Mitglied der ägyptischen Staatsschuldenkommission wieder in Kairo verweilt hatte, kehrte er im Frühjahr 1880 in das Wiener Ministerium des Äußern zurück und wurde einige Monate später zum österreichischen Handelsminister ernannt, welche Stelle er bis Mitte Februar 1881 bekleidete. Kremers Schriften sind größtenteils kulturgeschichtlicher und geographischer Natur, so namentlich die »Beiträge zur Geographie des nördlichen Syriens« (Wien 1852); »Mittelsyrien und Damaskus« (das. 1853); »Topographie von Damaskus« (das. 1854–55); »Ägypten« (Leipz. 1863, 2 Tle.); »Geschichte der herrschenden Ideen des Islams« (das. 1868); »Kulturgeschichtliche Streifzüge auf dem Gebiete des Islams« (das. 1873); »Über das Einnahmebudget des Abbasidenreiches vom Jahre 306 d. H.« (Wien 1887); »Über das Budget der Einnahmen unter Harun al Raschid« (das. 1888) und »Studien zur vergleichenden Kulturgeschichte« (das. 1889–1890, 4 Hefte). In weitern Kreisen machte ihn besonders seine geistreiche »Kulturgeschichte des Orients unter den Chalifen« (Wien 1875–77, 2 Bde.) bekannt. Von arabischen Texten veröffentlichte er: Wâkidis »Geschichte der Feldzüge Mohammeds« (Kalk. 1856), die »Himjarische Kassîde« (mit Übersetzung, Leipz. 1865), »Altarabische Gedichte über die Volkssage von Jemen« (das. 1867) u. a. Die slawisierende und klerikale Richtung in der innern Politik Österreichs bekämpfte er in der Schrift: »Die Nationalitätsidee und der Staat« (Wien 1885).

3) Gerhard, Geograph, s. Mercator.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 633-634.
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