Lagerscheine

[50] Lagerscheine (Lagerpapiere, Auslieferungsscheine, Entrepotscheine, engl. Warrants), Urkunden, auf denen der Aussteller (gewöhnlich eine Lagerhausverwaltung) bekennt, eine Ware in seinem Lager erhalten zu haben, und sie an den zum Empfang Berechtigten gegen Rückgabe des Scheines auszuliefern verspricht. Im Handel wird gegenwärtig unterschieden: 1) der Orderlagerschein (warrant), einfacher Lagerschein des Inhalts, daß der Lagerhalter das Lagergut an den im Scheine bezeichneten Empfänger oder dessen Order gegen Rückgabe des Scheines herauszugeben verspricht. Einen solchen Schein darf nur der Lagerhalter ausstellen, der hierzu staatlich ermächtigt ist (§ 363, Abs. 2); 2) der Rektalagerschein, eine nicht durch Indossament übertragbare Urkunde über Einlagerung, die jeder Lagerhalter ausstellen kann; 3) der Lagerpfandschein, eine ausschließlich zur Verpfändung der Waren dienende Urkunde, die der Lagerhalter neben dem Lagerschein ausstellt. Wird in diesem Falle Herausgabe der Ware verlangt, so muß dem Lagerhalter Lagerschein und Lagerpfandschein zurückgegeben werden. Daneben kommen noch einfache Beweisurkunden, wie Empfangsbescheinigung des Lagerhalters und Stellzettel oder Extraditionsscheine, vor. Letztere stellt der Einlagerer aus und gibt in ihnen an, an wem das eingelagerte Gut gegen Vorzeigung dieser Urkunde herauszugeben ist. Einrichtung und Verwendung der Scheine ist in den verschiedenen Ländern sehr ungleich. Man unterscheidet das Einscheinsystem, nach dem nur ein Schein ausgestellt wird, der sowohl zur Veräußerung als zur Verpfändung der Ware dient, und das Zweischeinsystem, bei dem der eine Schein, der Lagereigentumsschein (eigentlicher Lagerschein, Récépissé, in Österreich Lagerbesitzschein genannt), zur Übertragung des Eigentums an der lagernden Ware, der andre, der Lagerpfandschein, Warrant, zur Verpfändung der Ware benutzt wird. Das deutsche Handelsgesetzbuch fußt auf dem Einscheinsystem, indem durch die Übergabe eines neben dem Lagerschein ausgestellten besondern Lagerpfandscheins weder nach § 424 noch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Pfandrecht am Lagergut entsteht. Doch gilt in Bremen und Elsaß-Lothringen das Zweischeinsystem; die auf diesem beruhenden landesgesetzlichen Vorschriften[50] sind nicht beseitigt (s. Art. 16, Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch). Vgl. Bayerdörffer, Das Lagerhaus- und Warrantsystem (Jena 1878); Hecht, Die Warrants (Stuttg. 1884); Leonhardt, Der Warrant als Bankpapier (Wien 1886); Kostanecki, Der Lagerschein als Traditionspapier (Berl. 1902); Wimpfheimer, Der Lagerschein nach deutschem Recht (Karlsr. 1903); Adler, Das österreichische Lagerhausrecht (Berl. 1892); v. Tuhr, Das russische Lagerhausgesetz von 1888 (das. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 50-51.
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