Leichentransport

[362] Leichentransport, die Überführung von Leichen nach andern Orten. Nach der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung vom 26. Okt. 1899, abgeändert 18. Juni 1902, erfolgt der Transport unter Beibringung eines von der Ortspolizei oder vom Landrat ausgestellten Leichenpasses, durch den bescheinigt wird, daß dem Transport der Leiche hygienische Bedenken nicht entgegenstehen. Die Leiche muß in einen Metallsarg eingeschlossen und dieser unverrückbar mit einer hölzernen Umhüllung umgeben sein. Die Beförderung erfolgt mit Personen- (nicht Schnell-)zügen. Die Leiche muß von einer Person begleitet sein, die eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat, mit dem die Leiche befördert wird. Einer Begleitung bedarf es nicht, wenn als Bestimmungsort eine Eisenbahnstation bezeichnet ist, und der Absender bei der Aufgabestation das Versprechen des Empfängers hinterlegt, daß dieser die Sendung sofort nach Empfang der bahnseitigen Benachrichtigung von ihrem Eintreffen abholen lassen werde. Bei Sendungen an Leichenverbrennungsanstalten und an Beerdigungsinstitute genügt es, wenn diese eine derartige Verpflichtung gegenüber der Eisenbahn in allgemeiner Form übernommen haben. Für Leichen von Personen, die an ansteckenden Krankheiten gestorben sind, können nach dem Gesetz vom 30. Juni 1900 besondere Vorsichtsmaßregeln getroffen werden. Bei gewissen ansteckenden Krankheiten dürfen die Leichen in Deutschland erst ein Jahr, in Österreich 2 Jahre nach dem Tode versendet werden. Die deutschen Staaten haben untereinander und das Reich mit der Schweiz und Österreich-Ungarn gegenseitige Anerkennung der Leichenpässe vereinbart. Im Gebiet des Berner Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr sind die Beförderungsbedingungen für Leichen durch Zusatzvereinbarungen einheitlich geregelt. Bei Leichensendungen aus andern Ländern kann der Reichskanzler Konsuln und diplomatische Vertreter des Reiches zur Ausstellung von Leichenpässen ermächtigen, sonst ist zur Ausstellung eines Leichenpasses die deutsche Behörde berufen, in deren Bezirk die Leiche zuerst deutsches Gebiet erreicht. Nach Ländern ohne Staatsvertrag wird der Paß nur erteilt, wenn der Absender die Zustimmungserklärung der fremden Regierung beibringt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 362.
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