Leihe

[369] Leihe (Leihvertrag, Kommodat, Commodatum), die unentgeltliche, vertragsmäßige Überlassung des Gebrauchs einer Sache seitens des Verleihers (Kommodanten) an den Entleiher (Kommodator) mit der Verpflichtung, dieselbe Sache zurückzugeben. Eine L. gegen Entgelt ist Miete (s. d.); eine L. ohne Verpflichtung, die gleiche Sache zurückzugeben, ist Darlehen (s. d.). Gegenstand der L. können bewegliche und unbewegliche Sachen, nicht aber Forderungen sein, an Rechten kann ein der L. ähnliches Verhältnis eingeräumt werden. Der Verleiher haftet für den durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sowie durch arglistiges Verschweigen eines Mangels im Recht oder eines Fehlers der verliehenen Sache entstandenen Schaden (§ 599 u. 610 des Bürgerlichen Gesetzbuches) und hat außergewöhnliche Auslagen, die der Entleiher zur Erhaltung der geliehenen Sache hat machen müssen, zu ersetzen. Wegen dieser Ansprüche hat der Entleiher ein Zurückbehaltungsrecht an der Sache. Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der Sache, also insbes. die Fütterungskosten, zu tragen, hat für ordnungsmäßige Aufbewahrung und Erhaltung der Sache zu sorgen und darf sie nicht ohne Erlaubnis des Verleihers weiter verleihen. Veränderungen oder Verschlechterungen, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch entstehen, braucht er nicht zu vertreten, wohl aber hat er für den durch vertragswidrigen Gebrauch entstehenden Schaden, selbst wenn er dabei rein zufällig entsteht, einzutreten (§ 601 mit 603). Die Rückgabe der geliehenen Sache hat nach Ablauf der vereinbarten Zeit, nach Beendigung des vertragsmäßigen Gebrauchs oder Ablauf der hierzu erforderlichen Zeit zu erfolgen; ist weder eine Zeit vereinbart,[369] noch aus dem Zweck der L. zu entnehmen, so steht die Rückforderung im Belieben des Verleihers (§ 604). Hat der Entleiher die Sache einem Dritten überlassen, so kann sie der Verleiher nach Beendigung der L. direkt von diesem zurückfordern. Die Rückgabe hat im Zweifel am Wohnorte des Verleihers zu erfolgen. Der Entleiher kann die Sache jederzeit zurückgeben. Ein Kündigungsrecht vor Ablauf der Leihezeit steht dem Verleiher zu, wenn er unvorhergesehenerweise die Sache selbst braucht, wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, sie durch Vernachlässigung erheblich gefährdet, oder wenn er stirbt (§ 605). Die gegenseitigen Ersatzansprüche verjähren in sechs Monaten nach Rückgabe der Sache, bez. Beendigung der L. – Die L. auf beliebigen Widerruf, das precarium des gemeinen Rechts, ist dem Bürgerlichen Gesetzbuch als eignes Rechtsinstitut unbekannt, sie ist einfach eine Unterart der L. (§ 604, Abs. 3). – Bäuerliche L. (Erbleihe) heißt ein dingliches Nutzungsrecht an Bauerngütern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 369-370.
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