Maya

[482] Maya (Mehrzahl Mayab), großes Indianervolk in Zentralamerika, dessen Wohnsitze sich wahrscheinlich vor der aztekischen Einwanderung etwa vom 23. bis 10.° nördl. Br. erstreckten, jetzt Teile der mexikanischen Staaten Chiapas und Tabasco, die Halbinsel Yukatan, den größten Teil von Guatemala sowie Teile von Salvador und Honduras umfassen. Nach Stoll zerfallen die M. in drei Hauptabteilungen: die M. von Guatemala mit drei Gruppen, der Mamgruppe (Ixil, Mama, Aqualeca), Quichegruppe (Cakchiquel, Tzutuhil, Quiche, Uspanteca) und Pokonchigruppe (Kekchi, Pokonchi, Pokomam, Chorti), die M. von Yukatan, Tabasco und Chiapas mit zwei Gruppen, der Tzentalgruppe (Tzental, Chontal, Tzotzöl, Chauab, Chol) und den eigentlichen M., wozu noch die wilden Lacandones und die ausgestorbenen Mopan gehören, endlich die Huasteca (s. d.). In Yukatan und einigen angrenzenden Teilen von Tabasco und Guatemala bilden die M. die ganze Landbevölkerung und in den Städten wenigstens die Mehrzahl der Einwohner. Die M. waren ursprünglich unter viele kleine Reiche verteilt, unter denen die von der Dynastie Cocom beherrschte Stadt Mayapan, 33 km südlich von Merida, den ersten Rang behauptete. Sie tätowierten den Oberkörper, die Männer trugen nur eine Binde, die Frauen ein Tuch um die Hüften, die Nasenscheidewand wurde durchbohrt, die Zähne feilte man spitz. Dem Kopf der Kinder suchte man eine lange, abgeplattete Gestalt zu geben, indem man ihn zwischen zwei Bretter preßte. Die Dörfer bestanden aus lustigen, mit Stroh oder Palmblättern gedeckten Hütten. Ihre Kultur überragte die der Mexikaner. Nicht nur zeigen die Ruinen von Palenque und Ococingo im mexikanischen Staat Chiapas, von Uxmal, Kabah, Ake, Chichenitza, Itzamal u. a. in Yukatan, von Naxchalan in Guatemala und Copan in Honduras (vgl. Amerikanische Altertümer, S. 433) eine hoch entwickelte Architektur, die M. besaßen auch eine Bilderschrift, die auf dem Punkte stand, sich in eine Lautschrift zu vervollkommnen (s. Maya-Hieroglyphen); sie halten einen Kalender, der den julianischen an Genauigkeit übertraf, und den die Azteken ebenso wie die Gottheiten der M. entlehnten. Die Mayasprache ist noch heute sehr weit verbreitet, sie gehört zur huaxtekischen Sprachfamilie und zerfällt in fünf Dialekte: das Lacandon (Guatemala, Chiapas), Peten (Guatemala), Karibeh (Guatemala, Tabasco), Chaniabal (Chiapas) und Punctuna (Umgegend von Palenque), die sich wie andre amerikanische Sprachen durch ein sehr reich gegliedertes Verbum auszeichnen. Vgl. Orozcoy Berra, Geografia de las lenguas de Mexico (Mexiko 1864); Le Plongeon, Vestiges of the Mayas (New York 1882); Stoll, Zur Ethnographie der Republik Guatemala (Zürich 1884), Die Sprache der Ixilindianer (Leipz. 1887) und Die Mayasprachen der Pokomgruppe (Wien 1888); Seler, Das Konjugationssystem der Mayasprachen (Berl. 1887); Bowditch, Memoirs on the M. language and antiquities (1900–1901); Perez, Diccionario de la lengua M. (Mereda de Yukatan 1866–77).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 482.
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