Motilitätsneurosen

[184] Motilitätsneurosen, funktionelle Erkrankungen der motorischen Abschnitte des Nervensystems. Die motorische Funktion kann entweder abnorm gesteigert (Hyperkinese) oder herabgesetzt, selbst aufgehoben sein (Akinese). Zu der ersten Gruppe gehören: der Veitstanz mit störendem Hinzutreten unwillkürlicher koordinierter Bewegungen zu den gewollten, die Thomsensche Krankheit mit tonischem Krampf der Muskeln bei dem Versuch, sie willkürlich zu bewegen, der Schreibkrampf u. die Beschäftigungsneurosen mit tonischem Krampf solcher Muskeln, die gewohnheitsmäßiger Überanstrengung ausgesetzt sind. In allen angeführten Neurosen äußert sich die Hyperkinese nur oder vorwiegend bei willkürlichen Bewegungen, in andern äußert sie sich nur bei sensibeln Reizen, wie bei dem saltatorischen Reflexkrampf mit unwillkürlichen Hüpfbewegungen, sobald die Füße den Boden berühren. Die Hyperkinese äußert sich ferner in unwillkürlichen Muskelkontraktionen ausschließlich oder wenigstens auch dann, wenn willkürliche Bewegungen nicht versucht werden: klonische Muskelkontraktionen beim Tic convulsif im Gebiet des Gesichtsnervs, beim Akzessorius- und Zwerchfellkrampf, bei der Paralysis agitans; tonische Muskelkontraktionen bei Tetanus, Tetanie; tonisch-klonische Anfälle bei Epilepsie, Eklampsie; koordinierte unwillkürliche Bewegungen bei Maladie des tics (unwillkürliche mimische Bewegungen); Athetose. Zur zweiten Gruppe mit Akinese gehören alle Fälle einfacher funktioneller Lähmung. Endlich kann die Hysterie unter dem Bild einer Motilitätsneurose auftreten mit Anfällen von unwillkürlichen klonischen, tonischen und koordinierten Muskelkontraktionen einerseits und Lähmungen und sogen. Kontrakturen anderseits.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 184.
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