Muschelkrebse

[294] Muschelkrebse (Ostracoda), Ordnung der niedern Krebstiere (Entomostraca), kleine Tiere mit einer zweiklappigen, sie völlig umhüllenden Schale, daher äußerlich und bei geschlossener Schale den Muscheln sehr ähnlich, mit sieben Paar Gliedmaßen, von denen die vordern als Fühler und Kiefer, die hintern als Kriech- und Schwimmbeine dienen. Der Leib ist undeutlich gegliedert; Kopf, Brust und Hinterleib sind nicht scharf getrennt. Am Ende des Körpers befinden sich starke Haken, die zum Fortschieben im Sande benutzt werden. Die Schale kann wie bei den Muscheln durch zwei, von einer zur andern Schalenklappe verlaufende Schließmuskeln geschlossen werden. Im innern Bau weichen die M. nicht sehr von den Blattfüßern (s. d.) ab, sind aber einfacher organisiert. Ein Herz ist nur bei den Cypridiniden und Halocypriden vorhanden, die Atmung geschieht meist direkt durch die Haut. Männchen und Weibchen unterscheiden sich äußerlich, da erstere besondere Vorrichtungen zum Ergreifen und Festhalten der letztern besitzen. Auch Jungfernzeugung (Parthenogenese, s. d.) kommt bei einigen Arten jahrelang hintereinander vor. Die Eier werden entweder abgelegt, oder seltener in einem Brutraum zwischen den Schalen bis zum Ausschlüpfen der Jungen umhergetragen. Letztere haben von Anfang an die Schale, aber nur drei Beinpaare und durchlaufen eine Anzahl Verwandlungsstadien. Die M. sind Bewohner des Süßwassers und zumal des Meeres (bis in die größten Tiefen) und leben fast alle von tierischen Stoffen, in der Regel von Kadavern. Die fossilen Formen sind sehr zahlreich, aber mit einer einzigen Ausnahme nur in ihren Schalenresten bekannt, man benennt sogar nach der Gattung Cypridina (Entomis, s. Tafel »Krebstiere I«, Fig. 7) den sogen. Cypridinen- (Entomis-) Schiefer (s. Tafel »Devonische Formation II«, Fig. 5 u. 6; s. auch Cypris auf Tafel »Juraformation II«, Fig. 5) sowie nach der Gattung Beyrichia den Beyrichienkalk im obern Silur. Sehr groß werden die marinen M. des Paläozoikums, so die vom Kambrium bis zum Karbon häufige Leperditia. Wie die fossilen, sind auch die lebenden M. sehr artenreich. Man unterscheidet zwei Hauptabteilungen: die Podocopa mit fünf und die Myodocopa mit drei Familien. Der größte Muschelkrebs, Crossophorus africanus, 12,5 mm hoch und 15 mm lang, wurde 1899 bei Cap St. Blaize entdeckt. Vgl. Zenker, Monographie der Ostrakoden (Berl. 1854); Claus, Beiträge zur Kenntnis der Ostrakoden (Marburg 1868) und Die Familie der Halocypriden (Wien 1874); Brady und Norman, A monograph of the marine and freshwater Ostracoda, etc. (Dubl. 1889); Dahl, Die Cytheriden der westlichen Ostsee (Jena 1888); Brady. Report on the Ostracoda of the Challenger (Lond. 1880); G. W. Müller, Ostrakoden des Golfes von Neapel (Berlin 1894), Die Ostrakoden (Frankf. a. M. 1898) und Deutschlands Süßwasserostrakoden (in »Zoologica«, Nr. 30, Stuttg. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 294.
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