Panzerlaffeten

[371] Panzerlaffeten (hierzu Tafel »Panzerlaffeten«), in Panzerständen mit Kuppeldecke eingebaute Laffeten für eine oder zwei Kanonen. Das Geschütz ist mit oder ohne Rücklauf konstruiert. Es erhält seine Seitenrichtung durch Drehen der Panzerkuppel, mit der es derart fest verbaut ist, daß es nur die Bewegungen für die Höhenrichtung gestattet. Die Aufhebung des Rücklaufs durch die Panzerdecke ermöglicht ein sehr schnelles Feuern. Die für das Gefecht bestimmten Geschütze kleinern Kalibers (3,7,5,3 u. 5,7 cm) liegen in fahrbaren P. (Textfig. 1) und sollen im Vorgelände von Festungswerken, in der Brustwehr von Schützengräben etc. bis zur Panzerkuppel eingegraben werden, nachdem der Panzerstand von den Trageschienen des zweiräderigen Transportwagens heruntergefahren ist. Die von Schumann konstruierten fahrbaren 3,7 cm -P. wiegen 1000, die 5,3 cm 2600, die 5,7 cm 2900 kg mit Protze und Geschütz und können in der Minute bis 40 Schüsse abgeben. Auf beifolgender Tafel zeigt Fig. 1 die 5,7 cm-Panzerlaffete fertig zum Fahren, ein im Verhältnis zur Wirkung sehr bewegliches Fahrzeug. Beim Einbau in eine Stellung (Fig. 3) wird sie mit Hilfe der an ihr unten angebrachten kleinen Räder auf mitgeführten Schienen durch Menschenkraft an ihren Platz gebracht. Im Innern (Fig. 2) ist ein Sitz für die Bedienung und die Vorrichtungen zum Drehen der Kuppel, Richten, Unterbringung der Munition etc. Die Tür ist splttersicher. Die Geschütze größern Kalibers liegen in P. mit versenkbarer Panzerdecke. Durch eine Hebevorrichtung wird die Panzerdecke zum Schuß gehoben und nach dem Schusse so weit versenkt, daß der Rand der Panzerdecke sich auf den Rand des Vorpanzerringes legt. Fig. 5 der Tafel zeigt ein derartiges Modell, insbes. in dem Ausschnitt rechts das Gegengewicht, das sich beim Heben des Rohres senkt und umgekehrt. Eine andre Anordnung veranschaulicht Textfigur 2. Der Rohrträger a der dort dargestellten 12 cm-Laffete gleitet zwischen den Laffetenwänden b, die an der 10 cm dicken Panzerdecke z befestigt sind. Das Rohr ruht auf dem Zahnbogen d, an dem bei r ein Stahlband befestigt ist, das, über die Rolle c geleitet, das Gegengewicht i trägt; Hebel h dient zum Festbremsen des Rohres. Die Höhenrichtung geht von +5 bis 35°. Die Panzerdecke ruht mittels Spurzapfen u auf der im Pivotbock e senkrecht verschiebbaren hohlen Säule s. Durch Drehen des Handrades o wird der Hebel f gehoben und gesenkt und mit ihm die Panzerdecke, die auf dem Vorpanzerring p ruht. Mittels Handrades, das in den Zahnkranz g eingreift, wird die Kuppel gedreht. Feuergeschwindigkeit 12–15 Schuß. Der Turm wiegt mit Bahn und Vorpanzer 18,500 kg. Vom Augenblick des Schusses bis zum beendeten Versenken vergehen etwa 3 Sekunden Zeit. Die versenkbaren P. bedürfen eines Fundamentbaues aus Mauerwerk und Beton. Alle P. sind im Innern zur Aufnahme von Munition (100–600 Schüsse) eingerichtet.

Fig. 1. Fahrbare Panzerlaffete für Schnellfeuerkanonen.
Fig. 1. Fahrbare Panzerlaffete für Schnellfeuerkanonen.

Die äußere Ansicht einer fertig eingebauten Panzerlaffete zeigt Fig. 4 der Tafel. Unter der Begünstigung Brialmonts gewannen die P. immer mehr Wertschätzung, zunächst im belgischen und rumänischen Festungsbau, wo die numerische Schwäche die Armeen auf möglichst intensive Ausnutzung technischer Mittel zur Landesverteidigung hinweisen mochte. In Frankreich stellte man als Grundsatz auf, daß das Rohr die Scharte nicht überragen darf und für alle direkt feuernden Geschütze Senkpanzer zu verwenden sind, welche die Scharte nur im Augenblick des Feuerns zeigen und dann verschwinden lassen. Für indirekt feuernde Geschütze wurden gewöhnliche Drehkuppelpanzer für zulässig erachtet. Nächst dem von Galopin angegebenen Turm wurde dort von Mougin eine Konstruktion vorgeschlagen und von der rumänischen Regierung angenommen (vgl. Panzerturm).

Fig. 2. 12 cm-Schnellfeuerhaubitze in Panzerlaffete.
Fig. 2. 12 cm-Schnellfeuerhaubitze in Panzerlaffete.

Hatte man in der ersten Zeit hauptsächlich P. für leichte Schnellfeuergeschütze hergestellt, so ging man bei jenen französischen Konstruktionen davon aus, daß sie für größere Kaliber geeignet sein müßten, damit man auch für die Fernkampfgeschütze der Gürtellinie von den P.[371] ausgedehnten Gebrauch machen könnte. In derselben Richtung war man auch in Österreich-Ungarn tätig. Hier legte man großen Wert auch auf die P. für Wurfgeschütze und stellte als Grundsatz auf, daß ungepanzerte Fernkampfgeschütze nur noch da aufgestellt werden dürfen, wo der Angreifer nicht in einer Nacht überlegene Feuerstellungen zur Wirkung bringen kann (vgl. Festung, S. 478). Man wollte hauptsächlich Drehpanzer für 15 cm-Haubitzen und Mörser sowie 75 mm-Schnellfeuerkanonen, in Senkpanzern dagegen solche Kanonen von 35–57 mm Kaliber und in seltenen Fällen 15 cm-Kanonen. Beide Arten von P. zeigen Vor- und Nachteile. Beim Drehpanzer ist das Geschütz stets feuerbereit, bez. es braucht nur die Scharte gedreht zu werden. Wenn es zum Nahkampf kommt, kann aber das Rohr demontiert oder der Drehmechanismus gestört sein. Der letztere ist sehr einfach und nicht leicht Störungen ausgesetzt, auch ist die ganze Einrichtung billig. Dagegen ist das aus der Scharte hinausragende Rohr, auch wenn erstere abgedreht ist, leichter verletzlich. Die Scharte selbst gewährt Sprengstücken leicht Eintritt in das Innere, und die Kuppelform ist bei ihrer Steilheit dem Auftreffen der feindlichen Geschosse günstig. Die Laffete im Senkpanzer ist nur im gehobenen Zustande des letztern verletzlich, und zur Bedienung sind nur 2, bez. bei Kartätschfeuer 3 Mann erforderlich, während für den Drehpanzer 4 Mann nötig sind. Dagegen ist der Mechanismus kompliziert, was sich namentlich bei großen Kalibern geltend macht. Solche P., die an den Aufstellungsort gebunden sind und oft nicht da von Nutzen sein können, wo der Brennpunkt des Kampfes ist, finden ihre Ergänzung in den mobilen, bez. fahrbaren P. Obwohl diese außerordentliche Leistungen in glattem Funktionieren und sicherm Feuer zeigen, machen sich Nachteile geltend, die auf taktischem Gebiet liegen und ihren Gebrauch nicht vereinzelt, sondern in Anlehnung von Infanteriestellungen im Feld- und Festungskrieg empfehlenswert erscheinen lassen. Vgl. J. Meyer, Angriff und Verteidigung moderner Panzerbefestigung (Aarau 1892) und: Metz, durch Panzerfronten verteidigt, ein Vorschlag zur Reform des Festungskrieges (Frauenfeld 1894); Tilschkert, Neue Formen der Panzerfortifikation (Wien 1902) u. Literatur bei »Festung«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 371-372.
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