Präjudīz

[258] Präjudīz (lat. praejudicium. Präjudikat, »vorausgegangenes Urteil«), ein früherer Rechtsspruch, eine frühere Verfahrungsweise, auf die man in einem spätern Fall zurückkommt; namentlich sind die Präjudize des Reichsgerichts als Haupterkenntnisquelle des Gerichtsgebrauchs von Wichtigkeit. In Deutschland werden Präjudizsammlungen nur von Privaten herausgegeben, in Österreich werden wichtige Präjudize des Reichsgerichts durch dieses in dem sogen. Judikatenbuch veröffentlicht, wodurch zweifelsohne sehr viel zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung beigetragen wird. Gegenwärtig (1907) wird vom Reichsgericht in Leipzig eine Präjudiziensammlung aller seit 1900 ergangenen Entscheidungen des Reichsgerichts für den Gebrauch der Mitglieder des Reichsgerichts ausgearbeitet. Außerdem bedeutet P. Rechtsnachteil, womit die Nichtbefolgung einer amtlichen Auflage, die Versäumnis eines Termins oder einer Frist bedroht ist; daher präjudiziell laden, unter Androhung eines Rechtsnachteils laden. In der kaufmännischen Sprache versteht man unter P. den Nachteil, der aus der Übernahme einer Verbindlichkeit erwächst, aber auch die Verbindlichkeit (Bürgschaft, Haftpflicht) selbst; daher die Wendung »ohne mein P.«, um auszudrücken, daß man die Übernahme eigner Verbindlichkeit ablehne. Präjudiziert heißt ein Wechsel, der wegen Verjährung oder wegen Unterlassung rechtzeitiger Protesterhebung ungültig ist.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 258.
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