Raynal

[644] Raynal (spr. ränall, 1) Guillaume Thomas François, franz. Schriftsteller, geb. 12. April 1713 in St.-Geniez (Aveyron), gest. 6. März 1796 in Chaillot bei Paris, trat in den Jesuitenorden und ward Prediger in dem Städtchen Pezenas, 1747 bei St.-Sulpice in Paris, mußte aber wegen Freigeisterei seine Stellung aufgeben, widmete sich fortan philosophischen und historischen Studien und erhielt die Redaktion des »Mercure«. Sein Hauptwerk ist die »Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes« (Amsterd. 1771, 7 Bde.; Par. 1798 u. ö., 22 Bde.; deutsch, Kempt. 1783–88, 11 Bde.); doch gehört ein guter Teil davon Diderot und Deleyre an. Wegen der in einer neuen Ausgabe (Genf 1772, 10 Bde.) seiner indischen Geschichte enthaltenen heftigen Angriffe auf die Religion und Politik wurde das Werk 1781 durch Henkershand verbrannt und R. aus Frankreich verbannt. Nach einem Aufenthalt in Petersburg, Berlin und in der Schweiz kehrte er 1788 nach Frankreich zurück. R. war Mitglied des Instituts sowie der Akademien in London und Berlin. Von seinen Schriften ist noch zu erwähnen: »Tableau et révolutions des colonies anglaises de l'Amérique septentrionale« (Amsterd. 1781, 2 Bde.). Vgl. seine Biographie von Lunel (Rhodez 1866); Salone, Guillaume R., historien du Canada (Par. 1906).

2) David, franz. Politiker, geb. 26. Febr. 1840 in Paris, gest. 27. Jan. 1903, errichtete ein Weingeschäft in Bordeaux. Seit 1879 in die Deputiertenkammer gewählt, schloß er sich der republikanischen Linken an und suchte sich als eifriger Anhänger Gambettas Einfluß zu verschaffen. Im September 1880 wurde er Unterstaatssekretär und im Ministerium Gambetta 1881–82 sowie unter Ferry 1883–85 Minister der öffentlichen Arbeiten. Er wurde dann in der Kammer Führer der gemäßigten Linken und als solcher Minister des Innern im Kabinett Casimir-Périer (1893–94).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 644.
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