Schlaflosigkeit

[821] Schlaflosigkeit (Agrypnia, Asomnia), nervöser Zustand, der bei längerer Dauer überaus quälend und erschöpfend wirkt. S. verbindet sich oft mit allgemeinem Unbehagen, Kopfweh, Muskelzuckungen, ängstlichen Träumen und Aufschrecken; sie hinterläßt Abspannung, üble Laune, Nervenreizbarkeit, Appetitmangel etc.; ist sie andauernd vorhanden, so hat sie[821] Lebensüberdruß zur Folge und führt nicht selten zum Selbstmord. Die S. beruht immer auf einem nervösen Reizzustand, mag die Reizung nun eine mehr psychische (zentrale) sein, wie bei lebhaften Gemütsaffekten, geistiger Überanstrengung, lebhaftem Schmerz, oder mag sie körperlich bedingt sein durch Blutwallungen, Fieber, Rausch, übermäßigen Genuß von Tee und Kaffee, durch Tabakrauchen, Mißbrauch von narkotischen Arzneimitteln, oder (peripher) durch juckende Hautkrankheiten (Krätze, Prurigo), durch Husten, Herzklopfen, Atemnot u. dgl. S. ist ein sehr häufiges Symptom der Neurasthenie und fehlt nie bei der Manie. Die Behandlung der S., möge sie nun für sich bestehen, wo sie meist ein Vorbote schwerer Nerven- und Geisteskrankheiten ist, oder möge sie die Begleiterin andrer Krankheiten sein, richtet sich hauptsächlich auf Vermeidung der obengenannten Ursachen, daher auf geistige und körperliche Beruhigung, auf Zerstreuung des Geistes, auf zweckmäßige Regulierung der geistigen und körperlichen Tätigkeiten. Das Schlafzimmer sei kühl, die Luft daselbst rein, das Bett nicht zu warm. Ost ist es nötig, vor dem Zubettgehen ableitende Mittel (Fußbäder, Senfteige auf die Waden, Klistiere) anzuwenden. Bei geschwächten und ältern Personen tut bisweilen ein vor dem Schlafengehen genossenes Glas starken Bieres oder alten Weines gute Dienste, bei jüngern, zu Herzklopfen geneigten Personen eine kalte Waschung des Oberkörpers und ein Trunk kühlen Wassers mit Brausepulver. Als wirksame Mittel, die aber nur auf ärztliche Verordnung zu nehmen sind, gelten namentlich die Narkotika (Schlafmittel): Opium, Morphium, Bromkalium, Chloral, Sulfonal, Paraldehyd, Trional, Dormiol etc.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 821-822.
Lizenz:
Faksimiles:
821 | 822
Kategorien: