Sprossung

[797] Sprossung, die Sproßbildung der Pflanzen, der biologisch im allgemeinen die dreifache Aufgabe der Ernährung, Verjüngung und vegetativen Vermehrung zukommt. Die Ernährungssprosse (Bereicherungssprosse) erscheinen morphologisch insofern als unwesentlich, als sie zu vollständiger Durchführung der Sproßfolge bis zur Blüte nicht notwendig sind. Eine einachsige Pflanze (s. Sproß) kann z. B. außer der beblätterten und mit einer Blüte abschließen den Hauptachse noch mehr oder weniger zahlreiche, ebenfalls beblätterte und blühende Nebenachsen ausbilden, von der Zahl derselben und der von ihnen produzierten Blattflächen ist die Energie der Ernährung abhängig. Außer assimilierenden Sprossen oder Sproßteilen sind bei ausdauernden Pflanzen stets auch Achsen oder Achsenstücke vorhanden, in denen die Assimilationsprodukte und Baustoffe zur Zeit der Vegetationsruhe aufgespeichert werden, wie z. B. Wurzeln, Rhizome, Zwiebeln und Knollen, oder bei Holzgewächsen bestimmte Teile des Stammes. Die der Verjüngung dienenden Sprosse (Erneuerungs- oder Innovationssprosse) verharren während der Vegetationsruhezeit in unentwickeltem Zustande und treiben erst in der folgenden Wachstumsperiode aus, um dann in Assimilations- oder Speicherungssprosse überzugehen. Hierher gehören alle als normale Achselsprosse angelegten Knospen an oberirdischen Organen der Holzpflanzen oder auch an unterirdischen Teilen, wie z. B. den sogen. vielköpfigen Wurzeln (radix multiceps), endlich auch die Überwinterungsknospen (Hibernakel) von Wassergewächsen, wie Hottonia, Urticularia, Potamogeton u. a. Vermehrungssprosse sind vegetative Ausgliederungen des Stengels, die sich von der Mutterpflanze loslösen und zu selbständigen Individuen auswachsen, wie z. B. die Ausläufer der Erdbeere, die in den Blütenständen von Allium-Arten auftretenden, zwiebelähnlichen Gebilde (Bulbillen, Brutzwiebeln), ferner die sich selbständig bewurzelnden Achselsprosse von Nasturtium, Glaux maritima u. a. Vermehrungssprosse mit starkem Längenwachstum bedingen die Wanderungsfähigkeit der Pflanzen über mehr oder weniger ausgedehnte Bodenstrecken hin und erscheinen teils oberirdisch (Ajuga reptans), teils unterirdisch, oft in Form sympodialer Sproßverbände (Equisetum, Carex u. a.). Übrigens kann ein und derselbe Sproß nacheinander der Assimilation, der Verjüngung und der Vermehrung dienen. Über hefeartige S. s. Hefe. Über S. im Tierreich s. Fortpflanzung, S. 794.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 797.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika