Wesselényi

[552] Wesselényi (spr. wéschelēnji), altungarisches Adelsgeschlecht. 1) Franz von, Graf von Murány und Palatin von Ungarn, geb. um 1606 in Teplitz, wurde von den Jesuiten in Tyrnau erzogen, konvertierte, kämpfte gegen Schweden und Siebenbürgen, wurde Oberbefehlshaber aller ungarischen Truppen und eroberte 1644 die Burg Murány, wobei ihm die in der ungarischen Dichtung vielbesungene Maria Széchy, die »Venus von Murány«, behilflich war, die er dann ehelichte. 1655 wurde er zum Palatin gewählt, nahm aber dann an der Adelsverschwörung gegen das absolutistische Regiment Leopolds I. teil, vor deren Entdeckung er 28. März 1667 in Lipese bei Neusohl starb. Vgl. Pauler, Die Verschwörung Wesselényis (ungarisch, Budapest 1876, 2 Bde.).

2) Nikolaus, Baron, einer der Führer der ungarischen und namentlich der siebenbürgischen Opposition von 1825–40, geb. um 1797 zu Zsibó in Ungarn, gest. 21. April 1850 in Pest, befehligte schon 1809 eine kleine Abteilung der adeligen Insurrektion und machte darauf in der österreichischen Armee die letzten Feldzüge gegen Napoleon I. mit. Mit Széchényi[552] besuchte er England und Frankreich. Von 1830 bis 1833 erschien W. im ungarischen Oberhaus, wo er an Feuer der Rede alle andern Redner übertraf, und 1834 nahm er an dem Landtag in Klausenburg teil. Sein 1833 erschienenes Buch »Balitéletek« (Vorurteile) wurde konfisziert. Er war der eifrigste Förderer der von Kossuth herausgegebenen lithographierten Zeitung. Aus dieser Ursache und wegen einer Rede wurde er im Sommer 1837, obgleich der herkulisch gebaute Mann bei der großen Überschwemmung in Pest Hunderten das Leben gerettet hatte, zu vierjähriger Hast verurteilt. Im Kerker fast erblindet, durfte er auf Fürbitte Deáks nach Gräfenberg gehen, verlor aber doch das Augenlicht und mußte sich auf sein Schloß Zsibó zurückziehen. 1902 wurde ihm in Zilah ein Denkmal (von Fadrusz) errichtet. Ein großes Relief an der äußern Wand der Budapester Franziskanerkirche erinnert an ihn als den »Helden der Überschwemmung«. Seine Korrespondenz mit Kossuth und Deák gab Zoltan Ferenczi heraus (Budap. 1903 ff.). Vgl. Baron Sigm. Kemény, Die beiden Wesselényi (magyar., in den »Studien«); M. Petri, B. W. und seine Werke (magyar., Klausenburg 1904); S. Kardos, Das Leben und die Werke N. Wesselényis (magyarisch, Budap. 1905, 2 Bde.). Die Akten des Prozesses gaben E. Jakob und N. Papp 1876 heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 552-553.
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