Widerspruch

[590] Widerspruch (Contradictio), im allgemeinen die für unser Denken unvollziehbare Vereinigung einander ausschließender oder aufhebender Bestimmungen. Der W. wurzelt in letzter Linie in dem Gegensatz zwischen Bejahung und Verneinung und tritt daher in seiner schärfsten Form (als innerer W.) da auf, wo ein und dasselbe zugleich bejaht und verneint wird, also z. B., wenn in einer Gedankenreihe offen ausgesprochene Behauptungen oder stillschweigende Voraussetzungen enthalten sind, deren eine das gerade Gegenteil der andern besagt, oder in einem Begriffe Merkmale, deren eins die Negation des andern ist (Contradictio in adjecto; z. B. viereckiger Kreis). Im weitern Sinne spricht man auch dann noch von einem W., wenn Bestimmungen vereinigt werden, die, ohne sich logisch auszuschließen, doch tatsächlich unvereinbar sind (z. B. Körperlichkeit und Gewichtlosigkeit). Die Beseitigung der oft nur bei eingehender Analyse der Gedanken zutage tretenden innern Widersprüche nach dem Grundsatze, daß, wo Bejahung und Verneinung einander entgegenstehen, nur die eine oder die andre stattfinden kann (nicht muß; Satz vom W.), ist eine unerläßliche Bedingung für die Gültigkeit der Gedanken, wenn auch das widerspruchsfrei Gedachte deswegen noch nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Vgl. Möglichkeit, Wirklichkeit.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 590.
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