Arīon [1]

[707] Arīon, 1) redendes u. weissagendes Roß mit meerblauer Mähne, nach Ein. von Demeter u. Poseidon erzeugt, welche sich beide in Rosse verwandelt hatten, nach And. von Poseidon im Wettstreit mit Athene hervorgebracht. Poseidon gab es dem Kopreus, von welchem es Herakles erhielt; von diesem Adrastos, den es im ersten Thebanischen Kriege in die Heimath rettete; 2) A., Kitharöd u. Dichter aus Methymna auf Lesbos, um 628 o. Chr., Erfinder des Dithyrambos u. der lyrischen Tragödie; lebte zu Korinth unter Periander. Von Korinth reiste er nach Italien u. Sicilien, u. nachdem er daselbst mit seinem Sang viel Schätze erworben hatte, wollte er nach Korinth zurückkehren u. schiffte sich in Tarent ein. Die Schiffer merkten seine Schätze, u. um sich deren zu bemächtigen, machten sie den Plan, ihn in das Meer zu werfen. A. versprach ihnen das Geld u. bat nur um sein Leben; die Schiffer aber ließen sich nicht bewegen u. gaben ihm nur die Wahl, entweder sich auf dem Schiffe selbst zu ermorden od. in das Meer zu springen. A. wählte das Letztre, u. nachdem er im Sängerkleid auf dem Verdeck stehend noch ein Lied gesungen hatte, stürzte er sich in das Meer, wurde aber von einem Delphin aufgenommen u. bei Tänaron ans Land gesetzt. Er ging nach Korinth, wo die inzwischen angekommenen Schiffer erst die That leugneten, dann aber überführt, die gerechte Strafe erhielten. Auf Tänaron wurde dem A. ein Denkmal errichtet, ein Delphin, auf dem ein Mensch sitzt. Diese Sage, erzählt von Herodot (I., 23 f.), ist der Gegenstand einer Ballade Schlegels. Kürzer erzählt diese Geschichte Lucian, der dem A. dies auf seiner Rückkehr von Korinth nach Methymna begegnen läßt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 707.
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