Begriff

[490] Begriff (lat. Conceptus, Notio), die Verbindung des in den sinnlichen Anschauungen wahrgenommenen Mannigfaltigen im Gedanken zur Einheit,[490] durch Festhaltung übereinstimmender Merkmale; in der Schulsprache Abstraction, d.i. Absonderung dessen, was mehreren sinnlich Auffaßbaren zur Bildung einer neuen Vorstellung gemeinschaftlich zukommt. So ist z.B. Thier ein abstracter B., d.i. man abstrahirt von einer Menge sinnlich wahrnehmbarer Naturwesen der mannigfaltigsten Art, durch Unterscheidung dessen, was allen gemein ist, in Merkmalen, an welchen an einem jeden erkannt wird, daß es ein Thier sei. Es gibt: Stamm-B-e (reine B-e), die sich blos auf die Form des Verstandes beziehen, z.B. der B. Ursache; nur sie sind es in der That, was man ehemals angeborene B-e nannte, über deren Vorhandensein viel unter den Philosophen gestritten worden ist. Dem Inhalte (d.i. den in ihnen aufgenommenen Merkmalen) nach sind B-e transscendentale, über alle Erfahrung erhabene, wie: Gott, Ewigkeit; od. empirische, aus Erfahrung abgeleitete; dem Umfange (Gebiet, Kreis, Sphäre des B-s) nach weite u. enge, je nachdem sie viele od. wenige Gegenstände befassen: allgemeine od. Geschlechts-B-e, die Etwas mehreren Einzeldingen Gemeinschaftliches vorstellen u. in Gattungs-B-e, welche höher, weiter, umfassend, abstracter sind, u. Art-B-e, die niedriger, enger, weniger abstract sind, getheilt werden; Besondere od. Einzel-B-e stellen nur ein einzelnes Ding vor. Inhalt u. Umfang des B-s zusammen heißt auch die Größe (Quantität) eines B-s. Je mehr Merkmale an einem wahrgenommenen Gegenstand in einen B. aufgenommen werden, desto beschränkter wird die Sphäre der darunter befaßten Gegenstände, u. wenn dann der B. vollständig ist, d.h. alle Merkmale darin aufgenommen sind, so ist der B. auch nur auf Einen Gegenstand ausschließlich anwendbar, wie der B. von allem Individuellen; dagegen ist ein B. bestimmt (determinirt), wenn er in seinen Grenzen eingeschlossen, auf nicht mehr Dinge bezogen werden kann, als für welche er ein gemeinsames Merkmal ist; z.B. wenn man den B. Planet so denkt, daß er auf keine andere Art von Himmelskörpern bezogen werden kann. Analytische B-e sind die aus einem anderen allgemeinen durch Zergliederung gewonnenen, z.B. Wohlthätigkeit aus dem B. Tugend; synthetische, die durch Zusammenfügung mehrerer gebildet sind, z.B. Tugend als Complex sittlich-guter Eigenschaften. Dem positiven B., dem eine Realität entspricht, ist der negative, in dem diese verneint wird, entgegengesetzt, z.B. Mangel; ein leerer B. ist ein solcher, dem durchaus nichts in der Erfahrung entspricht, z.B. ein räumlich vorüberschwebender Geist. Ein Begriff ist klar u. deutlich, dessen Merkmale wirklich als solche unterschieden werden, im Gegensatz von verworrenen u. dunkeln; widersprechend aber (im Gegensatz übereinstimmender, adäquater B-e) ist ein B., in welchem Merkmale aufgenommen sind, die einander aufheben, z.B. eine eckige Kugel. Ausführlich ist ein B., wenn man nach der Verdeutlichung desselben durch die Zergliederung in seine nächsten Merkmale, die Merkmale von jenen Merkmalen (entfernte Merkmale) aufführt. Mehrere B-e werden außer Bezug auf einander gebildet (absolute B-e) od. in Bezug auf einander als relative B-e, z.B. Zunahme. Die Zerlegung der B-e in ihre einzelnen Bestandtheile, (Begriffszerlegung) ist eine nothwendige Übung in den Elementarschulen, um den Schülern dunkle od. nicht ganz klare B-e zu verdeutlichen. Der Lehrer muß dabei passende Vorstellungen erwecken, das schon Bekannte benutzen, daraus das Unbekannte entwickeln u. die einzelnen gefundenen Merkmale vom Schüler zusammensuchen lassen. Nach der Hegelschen Philosophie ist der B. das Wesen, die innerste, wirksame Kraft.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 490-491.
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