Castrāt

[753] Castrāt (lat. Castratus, ital. Castrato, Eunuch, Spado; das Wort C. leitete man sonst von Castor ab, weil sich der Biber selbst die Hoden abbeißen sollte, um den Nachstellungen der Menschen zu entgehen, die ihn wegen des Bibergeils, der vermeintlichen Samenfeuchtigkeit, singen), ein im Knabenalter seiner Mannheit beraubter Mensch (s. Castration). Die Castration wurde bes. in Italien von eigenen Leuten unternommen, die, ohne Wundärzte zu sein, in derselben bes. Ruf hatten. Die C-en sangen zur Messe, Oper u. in Concerten, u. das seine, ausgebildete Ohr eines Musikkenners fand, so sehr auch das natürliche Gefühl dadurch empört wurde, in der wohl ausgebildeten Castratenstimme, einem hellen Discant, eine Befriedigung, die weder die natürliche eines Chorknaben, noch die einer Kunstsängerin gewährt; daher auch C-en, deren Stimme sich in voller Kraft u. Klarheit ausgebildet hatte, für den Kunstgesang, bes. für die Italienische Oper, auch außerhalb Italien ehedem geschätzt wurden. Indem nun aber bei einem Knaben die klare Sprache, also auch der Gesang'in den Discanttönen erhalten wird, wird er auch der gewöhnlichen körperlichen u. geistigen Veränderung, die in der Pubertätszeit eintritt, entzogen, die Geschlechtsanregungen bleiben aus od. treten nur unvollkommen ein, u. in jedem Falle bleibt der C. zeugungsunfähig; der Bart bleibt unentwickelt u. in dem ganzen äußeren Ansehen behält der C. etwas Weibisches; auch Alles, wozu der Geist Kraft bedarf, jeder Aufflug von Genialität bleibt dem C-en fremd, er erhebt sich selten zu einem eigentlichen Charakter u. ist gewöhnlich muthlos u. zaghaft, listig u. verschlagen. Ob eine Castratenehe, d.h. die Heirath eines C-en mit einer Frau, als gültig anzusehen sei, ist fraglich. Indeß, wenn auch der eine Zweck der Ehe, Fortpflanzung des Geschlechts, in solcher Ehe nicht gefördert werden kann, so kann einer Frau, die einen C-en heirathen will, dies um so weniger gewehrt werden, da die Ehe noch andere Zwecke, z.B. gegenseitige Hülfeleistung, hat, die auch ein C. fördern kann. S. unter Castration.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 753.
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