Heilgymnastik

[169] Heilgymnastik (Schwedische Gymnastik), von dem schwedischen Professor Ling zuerst 1813 angewendet u. von seinem Nachfolger Branting vervollkommnet, ist das Verfahren, durch gymnastische Bewegungen das bei Rückgratsverkrümmungen gestörte Muskelgleichgewicht wieder herzustellen. Ling wendete bei der Behandlung seiner Patienten eine dreifache Art von Bewegungen an u. theilte diese darnach in drei Klassen ein: die erste Klasse nannte er die activen Bewegungen, welche der Patient selbst meist in liegender Stellung durch Heben od. Senken des Armes hervorbringt; bei der zweiten Klasse, den halbactiven od. duplicirten Bewegungen, werden bes. einzelne Muskelgruppen mit Hülfe einer zweiten Person (daher der Name) in Thätigkeit gesetzt; bei der dritten Klasse, den sogen. passiven Bewegungen, wirkt der Patient selbst nicht mit, sondern der Arzt allein vollführt dieselbe durch Drücken, Streichen etc. Nicht nur in den schwedischen Städten, z.B. in Stockholm, wurden Heilanstalten nach Ling's System errichtet, sondern diese H. pflanzte sich auch nach Deutschland über, wo sie bes. in Berlin wesentlich ausgebildet u. in Wien u. Freiberg Anstalten nach ihrem Muster eingerichtet wurden. Vgl. P. H. Ling, Die allgemeinen Gründe der Gymnastik (schwedisch) Ups. 1840; H. E. Richter, Die Schwedische nationale u. medicinische Gymnastik, Dresd. 1845; Rothstein, Die Gymnastik nach dem System des Gymnasiarchen Ling dargestellt, Berl. 1847–51; Derselbe, Die gymnastischen Freiübungen nach dem System Ling's, ebd. 1853; Neumann, Das Wesen der Schwedischen Heilgymnastik, ebd. 1852.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 169.
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