Milchstraße

[259] Milchstraße (Via lactea, Circulus lacteus, gr. Galaxias), 1) (Astr.), der am Sternenhimmel in sternhellen Nächten sich darstellende Lichtstreifen, welcher fast nach Art eines größten Kreises, zu jeder Zeit des Jahrs mit einer Hälfte über dem Horizonte sichtbar, in ununterbrochenem Zusammenhange, jedoch in einer zwischen 4° u. 16 wechselnden Breite, einfach od. zwischen Antinous u. Schlangenträger getheilt, über das ganze scheinbare Himmelsgewölbe sich hinzieht. Dieser Lichtgürtel ist schon in den ältesten Zeiten nicht unbeachtet geblieben. Die M. soll so entstanden sein: da kein von einer Sterblichen geborner Sohn des Zeus himmlische Ehre erlangen konnte, wenn er nicht die Milch der Here getrunken hatte, so legte Mercur od. Minerva das Kind Hercules an die Brust der Here u. ließ ihn trinken, da aber diese das unechte Kind erkannt hatte, schleuderte sie dasselbe von sich, u. aus der der Brust entfließenden Milch entstand die M. Nach andern Deutungen ist die M. der Weg zu dem Palaste Jupiters; noch Andere leiten sie von dem Brande her, den Phaethon bei seiner Sonnenfahrt anrichtete. Doch schrieb schon Demokrit das Licht der M. dem vereinten Scheine einer großen Menge Fixsterne zu, die nur zu klein wären, um einzeln vom Auge unterschieden zu werden; auch Manilius gedenkt dieser Erklärung, die nach Entdeckung der Fernröhre zur Gewißheit wurde; denn obgleich in gewöhnlichen Fernröhren noch zwischen, mit Bestimmtheit unterschiedenen Fixsternen von weniger als 6. Größe ein blasser Lichtschimmer bleibt, so löst sich doch auch dieser in den vervollkommneten Teleskopen in unzählige Sterne u. Sternhaufen auf. Herschel machte mit seinem Riesenteleskope diese Entdeckung. Die Zahl der durch große Teleskope in der M. unterschiedenen Sterne schlägt Herschel auf 20 Mill. an; spätere Beobachter aber schätzen sie auf 75 Mill. Unverkennbar ist in der Zusammenstellung der die M. bildenden Myriaden von Sternen eine gewisse Anordnung. Die neuern Astronomen haben überwiegende Gründe für folgende Bestimmungen hierüber: Die M. ist eine ungefähr linsenförmige Schicht von Fixsternen, von der sich theilweise Nebenschichten unter geringen Neigungswinkeln abzweigen, u. in der die Fixsterne theils einzeln, theils zu Sternenhaufen gruppirt vertheilt sind. Unser Sonnensystem befindet sich ungefähr in der Mitte dieser Schicht, etwas genähert der einen großen Seitenfläche, daher erblicken wir in der Richtung nach der scharfen Kante dieser Linse ringsum unzählige Sterne dicht nebeneinander bis zu großen Entfernungen, während wir in der Richtung nach den großen Seitenflächen nur wenigen zerstreuten Sternen begegnen. Könnten wir die M. aus einer großen Entfernung, z.B. aus der hundertfachen ihres größten Durchmessers, beobachten, so würde sie uns nur als ein Nebelfleck von etwa (Grad erscheinen, solcher Nebenflecke gibt es aber in allen Gegenden des Sternenhimmels in der That viele, welche zum Theil von Herschels Teleskop in dichte Sternenhaufen aufgelöst worden sind, u. so ist es sehr wahrscheinlich, daß diese Nebelflecke entfernte M-n ähnlich der unsrigen sind. Ob die zu unsrer M. gehörigen Fixsterne um einen gemeinsamen, sei es leeren, sei es mit Masse erfüllten Schwerpunkt sich bewegen, ob es eine Centralsonne gibt od. nicht, ist noch nicht erwiesen; vgl. Fixsterne; 2) eine der sieben Nebenlinien in der Chiromantie, s.d. I. B) l).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 259.
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