Terministischer Streit

[385] Terministischer Streit (Lis terministica), der Streit über die Frage, ob die Gnadenzeit für den Sünder bis an das Ende seines Lebens offen stehe, od. ob eine Grenze (Terminus) von Gott festgesetzt sei, über welche hinaus keine Gnade mehr zu bossen wäre. Erstere Meinung war die kirchliche Ansicht des Mittelalters nach Augustinus; letztere lehrten zuerst die Quäker u. behauptete dann in der Protestantischen Kirche der Pietist I. G. Böse (s.d.) in seiner Schrift Terminus peremtorius salutis humanae (Frankf. 1698, 2. Ausg. 1701). Böse wurde nach seinem Tode (1700) von Neumann in Wittenberg in den Schriften De termino salutis humanae peremtorio (Wittenb. 1700) u. De tempore gratiae divinae non nisi cum morte hominis elabente (1701) widerlegt; aber des Verstorbenen Schwiegersohn, Ad. Rechenberg, nahm sich der Sache desselben an u. lehrte (in mehren kleinen Schriften: De gratiae revocatricis termino, Lpz. 1700; De statu induratorum, 1701; Vortrag der Lutherischen Lehre von dem Termin der von Gott bestimmten Gnadenzeit, 1708), Gott habe den Sündern einen Termin der Gnadenzeit festgesetzt. Ihm entgegen traten die Wittenberger u. Rostocker Theologen, auch sein College Th. Ittig (De reservato dei circa terminum gratiae, 1709) u. And. auf. Mit Ittigs Tode (1710) hörte der Streit auf. Die, welche den Gnadentermin vertheidigten, wurden Terministen, auch Neue Novatianer, u. ihre Behauptung Terminismus genannt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 385.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: