Tschitschăgow [1]

[904] Tschitschăgow, 1) Wassilij Jakowlewitsch, geb. 10. März 1726, erhielt seine nautische Ausbildung im russischen Marinecorps u. in England u. nahm später in der russischen Marine Dienste. Noch als Commandeur des archangelschen Portes wurde er von der Kaiserin Katharina II., welche den Plan einer Expedition nach dem Norden zur Auffindung eines näheren Seeweges nach Indien beharrlich verfolgte, 1765 von Kola aus mit einem Geschwader von drei Schiffen zur Verwirklichung dieses Projectes abgesandt, sah sich aber, nachdem er auf seiner ersten Fahrt bis zum 80.° nördl. Breite u. auf der zweiten i. J. 1766 sogar bis 80°21' nördl. Breite vorgedrungen war, durch treibende Eisberge zur Umkehr gezwungen. Durch seine über die schwedische Flotte gewonnenen Siege vom 26. Juli 1789, unweit der Insel Öland, u. 1790 auf der Rhede von Reval u. in dem Wiborgschen Meerbusen bewirkte er den Abschluß des Werelschen Friedens 14. Aug. 1790 u. st. 1809 in Petersburg. 2) Paul Wassiljewitsch, Sohn des Vor., geb. 1766, trat 1782 in die russische Marine, wurde 1812 Marineminister u. Viceadmiral; löste im Mai d. J. Kutusow in dem Obercommando über die russische Armee in der Türkei ab, schloß am 28. Mai den Frieden von Bucharest u. bildete darauf in Volhynien, mit dem Tormassowschen Corps vereint die dritte Westarmee. Er eroberte im November Minsk u. Borisow, konnte aber doch den Übergang Napoleons über die Beresina nicht verhindern, sondern erlitt am 21. u. 28. Nov. 1812 durch Oudinot bedeutende Verluste, s.u. Russisch-Deutscher Krieg von 1812–15 S. 568. Zwar führte er im Jan. 1813 sein Corps nach Ostpreußen, erschien aber nicht mit auf dem Kampfplatze in Deutschland, sondern reiste wegen der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen ins Ausland. Nach dem Frieden lebte er in Paris u. London, zuletzt wieder in Paris. Als 1834 der Ukas des Kaisers Nikolaus alle im Ausland lebenden Russen zurückrief, leistete T. demselben keine Folge, verlor deshalb seine Würden u. Besitzungen u. st. 10. Sept. 1849 in Paris. Vgl. Mémoires de l'Amiral Tchitchagow (1767–1849), Lpz. 1862.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 904.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika