Wigalois

[205] Wigalois (d.i. Gwi [Guy] Galois od. Vitus Gallensis), der Ritter mit dem Rade (weil er ein Rad in seinem Wappen führte), der Held eines mittelhochdeutschen Epos aus dem Cyklus der Tafelrunde Artus, von Wirnt von Gravenberg um 1212 verfaßt. Inhalt: Am Hofe des Königs Arms erscheint ein fremder Ritter mit einem Gürtel, mit dessen Hülfe er die Ritter des Artus u. zuletzt dessen Neffen Gawein besiegt. Diesen führt der unbekannte Sieger in sein Land u. vermählt ihn mit seiner eigenen Nichte, Florie von Syrien. Als Gawein einst den Hof des Artus wieder besucht hatte, findet er seine neue Heimath, das Land seiner Gemahlin, nicht wieder. Sie hat ihm indeß einen Sohn, W., geboren, welcher, zum Jünglinge gereift, seinen Vater aufsuchen will, am Hofe des Artus gastfreundlich aufgenommen u. zum Ritter geschlagen wird, doch seinen Vater nicht erkennt. Bald darauf bittet eine junge Fürstin von Korentin, Larie, die von Roast, einem benachbarten Heidenfürsten, ihres Vaters u. ihres Landes beraubt worden ist, den König Artus um Hülfe. W. wird zu ihr gesendet u. erschlägt den Roast u. einen Drachen u. befreit einen büßenden Geist aus Feuerflammen, welcher ihn seinen Vater Gawein erkennen lehrte. Darauf heirathet er Larie u. erwirbt mit ihr die Burg u. das Land ihres Vaters. Gawein kommt zu W., aber Florie war aus Gram über den Verlust ihres Gemahls u. Sohnes gestorben. Wirnt soll die Dichtung nach der mündlichen Erzählung eines Knappen verfaßt haben; da dieselbe großen [205] Beifall fand, so erfuhr sie im 15. u. 16. Jahrh. wiederholte Überarbeitungen. Eine 1472 geschriebene prosaische Umarbeitung wurde 1493 gedruckt u. erhielt sich als Volksbuch, als welches sie auch in die skandinavische u. sogar in die jüdisch-deutsche Literatur überging, während ein englisches Gedicht Ly beaus disconus (Der schöne Unbekannte, gedruckt in Ritsons Metrical Romances) auf eine französische Quelle zurückzuführen sein dürfte. Sowohl dem französischen Volksbuche Histoire de Giglan (Lyon 1530), als der Erzählung von Wirnts Knappen scheint ein altfranzösisches Gedicht zu Grunde gelegen zu haben. Wirnts W. wurde herausgeg. von Benecke, Berl. 1819, u. von Pfeiffer, Lpz. 1847; neuhochdeutsch von Wolf v. Baudissin, Lpz. 1848.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 205-206.
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