Umfang

[1198] Umfang. (Musik)

Bedeutet den Abstand des tiefsten Tones eines Instruments, oder einer Stimme, bis zum höchsten. Von dem Umfange des ganzen Tonsystems haben wir am Ende des Artikels System gesprochen. Wichtig ist für den Tonsezer die genauere Kenntnis des Umfanges jeder Stimme und jedes Instruments, damit er nichts seze, das sie nicht erreichen können.[1198] Denn in diesem Falle, der öfters vorkommt, als man denken sollte, fallen entweder einige Stimmen in einzelen Stellen ganz aus, oder die Sänger und Spiehler nehmen anstatt der ihnen vorgeschriebenen Töne, andere, wodurch die Harmonie verdorben wird. Von dem Umfange der verschiedenen Singestimmen ist am gehörigen Orte gesprochen worden.1, also ist hier noch der Umfang der vornehmsten Instrumente zu betrachten.

Zuerst vom Waldhorn. Der Umfang dieses Instruments, und seine natürlichen Töne in jeder Höhe desselben, sind vielen Tonsezern, und so gar manchem Waldhornisten selbst, nicht hinlänglich bekannt. Er ist von fünf vollen Octaven; nämlich von Umfang(16 Fußton) bis Umfang(1/2 Fußton.) Aber die zwischen den beyden äußersten Gränzen liegenden Töne, des Systems, sind nicht mit gleicher Leichtigkeit zu erhalten. Ueberhaupt muß man bemerken, daß das Waldhorn, so wie die Trompeten, die Töne, wo nicht besondere Kunst sie verändert, natürlicher Weise nicht nach unserm diatonischen System, sondern nach der harmonischen Progreßion der Zahlen, angiebt. Nämlich, wenn man die Töne durch das Verhältnis der Länge der Sayten ausdrükt, und den tiefsten Ton 1 nennt; so verhalten sich die Töne im Aufsteigen, wie die Zahlenprogreßion 1. 1/2, 1/3, 1/4, 1/5, 1/6, 1/7 u.s.f., oder nach den Schwingungen der Sayten, wie die Folge der natürlichen Zahlen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. u.s.f. Man kann sich also die Töne, die in dem Umfang des Waldhorns liegen, folgendermaaßen vorstellen:

Umfang

Hiebey müssen wir anmerken, daß die mit * bezeichneten Töne nicht gerade die sind, die in unserm diatonischen System, mit diesen Buchstaben bezeichnet werden, sondern etwas niedriger, oder höher; so daß der Waldhorniste, um die wahren diatonischen Töne b, Umfangherauszubringen, sein Instrument im Blasen temperiren muß. Merkwürdig aber ist es, daß in der untersten Octave Umfangdem Spiehler alle halben Töne unsers zusammengesezten Systems eben so leichte werden, als in der obersten Octave Umfangda sie in der zweyten C-c, nur mit großer Mühe und Kunst herauszubringen sind. Indessen bedienet man sich der untersten und obersten Octave in Ripienstimmen nicht, sondern nur für Solospiehler. Der Tonsezer thut überhaupt wol, wenn er für die Ripienstimmen dem Waldhorn keine Töne vorschreibet, als die sich von 2 bis 16 in dem vorstehenden Verzeichnisse finden.

Es wird auch nicht überflüßig seyn, hier anzumerken, daß das Waldhorn seine Töne um eine Octave tiefer angiebt, als der für dieses Instrument gebräuchliche Violinschlüssel sie anzeiget; weil man nicht nöthig gefunden einen eigenen Schlüssel für das Waldhorn anzunehmen.

Von der Trompete gilt alles, was hier über das Waldhorn angemerkt worden, mit der Einschränkung, daß sie in der Tiefe um eine Octave höher anfängt, und in der Höhe eine Octave mehr hat. Ihr Umfang ist also von C bis Umfangoder in Zahlen von 2 bis 64 nach den Einschränkungen, die wir über die Töne des Waldhornes bemerkt haben.

Der Umfang der Violine ist in der Tiefe vom g ohne Einsezung einer höhern Applicatur bis ins Umfang. In Ripiensachen gehet man selten überUmfang

Von Hasse hat man so wol Arien als Sinfonien wo er für die erste Violin bis ins Umfanggesezet hat.

Das Violoncell fängt in der Tiefe vom großen C an, und gehet ohne höhere eingesezte Applicatur bisUmfang oder Umfang. Man findet aber häufig Sachen in welchen bis Umfanggesezet ist, so gar von Hasse, welcher doch am allerbequemsten für Ripienstimmen gesezet hat. Bey diesem Instrument hat man sich vornehmlich in Acht zu nehmen, daß in der ganz untersten tiefsten Octave keine geschwinde Passagien gesezt werden; weil erstlich bey kleinen Intervallen daraus nur ein undeutliches Poltern wird, zweytens bey weiten die Töne nicht gespannet werden können, besonders Octaven in Sechzehntheilen, als:

Umfang

Die Viola hat die Gleichheit des Umfanges mit dem Violoncel gemein, nur daß sie um eine Octave höher ist: weil die Mensur des Instruments aber kürzer ist, so fällt auch die Regel weg, Octaven in Menge nach einander zu sezen.

Umfang

[1199] Der Umfang der Flöte ist von Umfangbis Umfangauch wol bis Umfang: indessen pflegen gute Componisten selten über Umfangzu sezen, besonders in Ripiensachen.

Die Hoboe geht von Umfangbis Umfangin Ripiensachen; Solospieler gehen, wie die Violinisten, viele Töne höher. Das Fagot geht von Umfangbis Umfangauch wohl Umfangin die Höhe. Der Umfang der Ripiensingstimmen ist schon an andern Orten angezeiget.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1198-1200.
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