1. Auf einen harten (groben, knorrigen) Ast gehört ein derber (harter, grober) Keil. – Rammann, Samml., III, 3; Luther, 198; Bücking, 200; Härlin, 72; Weisheit, 20; Henisch, 134.
Der Grobian ist mit gleicher Münze zu bezahlen. Im Hildesheimischen: Up 'n growen Ast gehöärt en grof Kil. In dieser Mundart heisst der Grobian selbst »growe Ast«.
Lat.: Malo nodo malus quaerendus est cuneus. (Hieron.)
2. Auf einen starken Ast gehört ein starker (scharfer) Hieb. (Lit.)
3. Bösem Aste gehört eine scharfe Axt. – Eisenhart, 215a; Henisch, 134.
4. Bösen Ast muss man leiden um des Baumes willen. – Körte, 322; Henisch, 135.
Einen Schwärmer, sagt Luther, um des Leibes willen.
5. Danach der Ast ist, danach ist auch die Axt (soll die Axt sein).
6. Eim bösen ast gehört ein scharpfe axt. – Egenolff, 215a.
7. Ein abgehauener Ast bleibt auch im frischen Wasser nicht lange grün.
8. Ein Ast, der über sich sieht, hat nicht viel Aepfel.
9. Ein krummer Ast gibt so gute Kohlen als ein gerader.
10. Ein schlechter Ast ist des Baumes Last.
11. Kleine Aeste geben auch Feuer.
Holl.: Kleine takken ontsteken het vuur, en groote onderhouden, het. (Harrebomée, II, 323..)
12. Man kann aus einem krummen Aste so gute Kohlen machen als aus einem graden. – Winckler. XII, 28.
13. Man muss den Ast biegen, weil er jung ist.
14. Man muss einen krummen Ast oft ungespalten lassen.
15. Wegen eines dürren Astes lässt man den Baum nicht umhauen.
16. Zu einem harten Ast gehört ein harter Speidel.
Auch: Zu eynem bösen ast gehört ein böser kiel. (Tappius, 27a.)
Lat.: Malo nodo malus quaerendus est cuncus (cuneus). (Tappius, 206.)
*17. Auf dem Ast sitzen. – Grimm, I, 589.
*18. Den Ast bauen.
Gehängt werden.
*19. Er hat einen Ast vom unsinnigen Lorberbaum. (Altgr.)
Plinius erzählt, dass auf dem Grabe eines alten Königs ein Lorberbaum gestanden, den man den unsinnigen genannt habe, weil auf einem Schiffe, auf das man einen davon abgepflückten Zweig gebracht, so lange Zank gewesen sei, bis man ihn wieder hinausgeworfen habe. Die Redensart ward daher von zänkischen Menschen gebaucht.
[156] *20. Man hat ihm die Aeste gestumpft.
Er ist hart bestraft worden.
*21. Setz' mer si (man sich) uff an Ost, bis er dörr ît. (Franken.) – Frommann, VI, 163.
In warnendem Sinne: Versuche man's nur, sich auf einen Ast zu setzen und dort zu warten, bis ein reicher Onkel in Ostindien stirbt.
*22. Sich einen Ast (Buckel) lachen.
*23. Upn Aust riuken. (Westf.)
Sich in seiner Erwartung täuschen.
*24. Von Ast zu Ast hüpfen.
Sagt der Franzose von denen, die nicht bei der Sache bleiben.
25. Ein bösen Ast muss man vmb dess Baumes willen dulden. – Lehmann, 169, 16.
26. Ein böser Ast will einen harten Keil haben. – Luther's Tischr., 469a.
27. Es sägt niemand den Ast gern ab, auf dem er sitzt.
»Dass die Beamten mit dem Verkauf der Staatsactiva (industrieller Etablissements) langsam vorgehen, ist kein Wunder; denn niemand sägt gern den Ast ab, auf dem er sitzt.« (Abgeordneter Richter in der sechsten Sitzung des preussischen Abgeordnetenhauses am 11. December 1870.)
28. Grobe Aeste muss man mit scharfen Beilen abhauen. – Altmann VI, 488.
29. Jeder Ast kann einst den Stiel liefern, den Baum zu fällen. – Günsburg, 125, 193.
30. Man muss den Ast zersägen, wenn man ihn nicht zerhauen kann. – Altmann VI, 494.
31. Uf änen grôbe Ast gehêrt en grober Keel. (Waldeck.) – Curtze, 361, 551; für Hannover: Schambach, I, 48.
32. Vmb etlicher verdorreter Est willen hawet man den Baum nicht vmb. – Lehmann, 729, 38.
33. Wäre es (ich) nicht ein Aestchen, so wäre es (ich) ein Pfeifchen.
Zu Leuten, die viel mit Aber und Wenn umgehen; auch Spruch der Knaben beim Drehen der Weidenpfeife.
Masur.: Nie były senczek, byłaby piszczałka. (Frischbier, II, 3034.)
34. Wen si z' storch (stark) uf d' Aest use lôd, muss gumpe. (Luzern.)
D.i. wer es aufs äusserste kommen lässt, kommt in gefährliche Lagen, aus denen er sich nur durch kühne That wieder retten kann. Gumpen = muthwiłlig springen und tanzen, auch über etwas hinweg- oder hinabspringen. (Stalder, I, 495.)
35. Zum harten Ast gehört ein scharpffe Axt. – Lehmann, 726, 4.
*36. Am dürren Aste reiten. – Graf, 344.
Am Galgen sterben. »Er soll sterben am dürren ast.« (Waldis, III, 5, 14.)
*37. In einen Ast sägen. – Gotthelf, Leiden, I, 133.
*38. Ik hewwe em oppen Aust riuken loten. (Sauerland.)
Ich habe ihn geschlagen.
*39. Mer mues diar d' Aest ra haua, wenn du z' krattelich wurst. – Schwäbischer Michel, 273.
Wenn du zu übermüthig wirst, muss man dich bescheiden, anspruchsloser machen, dich demüthigen.
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