Speisen

1. Der speist übel, der wartet auf fremden Kübel.


2. Erst speise deinen Bruder, dann bitte Fremde zu Gaste.


3. Erst speisen, dann kreisen (tanzen).

Denn vor Essens wird kein Tanz.


4. Hast du nicht gespeiset, so hastu getödtet.Heshusius, Postille, CCLXIb.

Lat.: Sit non panisti occidisti.


5. Man speist mittags nicht, wenn man abends zur Hochzeit geht.

Frz.: On ne dine point le matin, quand on est de nôces le soir. (Kritzinger, 480a.)


6. Niemand speist, der nach der Beicht nicht sein Judenkreuzerl1 reicht.Graf, 544, 64; Schmeller, II, 265.

1) So wurden die Beicht- und Abendmahlsgroschen vom Volke genannt. – In Bezug auf kirchliche Gebühren, Beichtgroschen, Offertorien.


7. Speisen und arzneien hat seine Zeit.

»Speiss und Ertznei hat ihre Zeit, wer die versäumt, selten gedeiht.« (Froschm., CcVIIIb.)


8. Was speist vnd kleidt, ehrt vnd nehrt, das ist nutz.Lehmann, 561, 64.


9. Wer gespeiset wird von fremden Händen, der isset nimmer wohl.Geiler.


10. Wer schlecht speist, fastet genug.

It.: Chi mal mangia assai digiuna. (Pazzaglia, 211, 2.)


*11. Er speist (trinkt) wie der Büttel von Neuteich.Frischbier, 118; Frischbier2, 3562; Hennig, 62; Pisanski, 16.

D.h. allein. Die Redensart gehört einer Zeit an, in welcher der Beruf des Scharfrichters ein ehrloser war und niemand aus Verachtung mit ihm umgehen mochte. Pisanski (16) bemerkt zu der obigen Redensart: »Neuteich ist ein Städtchen im Grossen Werder.« Die Veranlassung zu der Redensart berichtet Hartwich (Beschreibung der Werder, S. 529) also: »Damals (1662) hatten die Neuteicher noch ihren eigenen Scharfrichter mit Namen Hanns Schulz, der hatte seinen eigenen Sitz in der Kirche allein, welcher noch auf dem gemeinen Chor gezeigt wird. Im Ermlande hatte der Büttel, der dort Schinder, auch Caviller genannt wird, in jeder Schenke seinen eigenen Platz und auch sein eigenes Trinkgefäss, welches in der Regel an der Stubenthür hing, eine Einrichtung, die auch an andern Orten stattfand.«


*12. Es speist und kleidet nicht.


*13. So fett speisen wir nicht. (Schles.)

Das geschieht nicht, daraus wird nichts.


*14. Speise ihn mit Worten, du darfst sie nicht kaufen.


*15. Speise mit den Engeln im Dom! (S. Essen, Verb., 62.) (Würzburg.)


[Zusätze und Ergänzungen]

16. Wer da speist und sich nachher keine Ruhe gönnt, von dem ist nicht viel zu halten. (Neapel.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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