Stavoren

* Stavoren in Stavoren suchen.

Die Redensart findet ihre Erklärung in folgender Sage. Zur Zeit als das Glück dieser Stadt, der ehemaligen Hauptstadt von Vriesland, die zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig und gab dem Kapitän den Auftrag, die besten Waaren von dort zurückzubringen. Er nahm Weizen ein, und glaubte so, den ihm gewordenen Auftrag am treulichsten erfüllt zu haben. Als aber bei seiner Rückkehr die Frau hörte, was er geladen habe, gerieth sie in grossen Zorn und fragte ihn, auf welcher Seite der Weizen ins Schiff gebracht worden sei. Als er antwortete: am Backbord, befahl sie, er möge ihn nur am Steuerbord wieder ausladen und ins Meer werfen. Aber kaum war es geschehen, so entstand eine so gewaltige Sandbank, dass der Hafen geschlossen wurde, die Schiffahrt aufhörte und man bald Stavoren in Stavoren suchen musste. Von der frühern Glanzzeit der Stadt erhielt sich nur die Erinnerung im Munde des Volks; aber noch Jahrhunderte hindurch wuchsen auf der Sandbank alle Sommer Aehren von schönem Aussehen, aber ohne Körner. An die durch Glück üppig gewordenen Bewohner der erwähnten Stadt erinnert auch die Redensart: Die verwöhnten Kinder von Stavoren. (Reinsberg VI, 48.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 786-787.
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