Herzog, der

[1153] Der Hêrzog, des -s, plur. die -e, (nicht Herzöge, wie bey den Hochdeutsch redenden Niedersachsen üblich ist,) ein Wort, welches in den ältesten Zeiten Deutschlandes den Anführer eines Heeres, d.i. eines ganzen Haufens, besonders eines Kriegsheeres, oder doch der Kriegsvölker einer ganzen Provinz oder eines Landes, bedeutete. In welcher nunmehr veralteten Bedeutung dieses Wort im Angels. Heretoga, im Isländ. Hertog, im Schwed. Haertig, im mittlern Lat. Heretochius lautet. Bey dem Henisch führet daher die Nachteule noch den Nahmen des Herzogs, weil ihr die Vögel, wenn sie sich bey Tage sehen lässet, in ganzen Heeren nachzuziehen pflegen. Nachmahls standen diese Herzoge zugleich ganzen Provinzen oder Ländern vor, deren Mannschaft sie in Kriegszeiten anführeten, in Friedenszeiten aber die höchste Gewalt entweder mittelbar oder unmittelbar ausübten, und den Grafen vorgesetzet waren. In diesem Verstande lautet es schon in dem Isidor Herizohi. Ottfried nennet Pilatum Herizoho, und bey dem Notker heißt Gott Herizog. Auch in der Deutschen Bibel wird 1 Sam. 25, 30, und 2 Sam. 5, 2, David ein Herzog über Israel, und Christus Matth. 2, 6, ein Herzog über Israel, und Ebr. 2, 10, ein Herzog der Seligkeit genannt. Heut zu Tage ist ein Herzog ein Beherrscher eines Herzogthumes, oder solchen Landes, welchem ehedem ein Herzog im alten Verstande vorgesetzet war, oder welches in den spätern Zeiten zu der Würde eines Herzogthums erhoben worden, oder endlich auch, eine Person, welche von[1153] einem Höhern ausdrücklich mit dieser Würde bekleidet worden. Im Deutschen Reiche folgen die alten Herzoge unmittelbar auf die Churfürsten, vor den Fürsten; diejenigen aber, welche erst in den neuern Zeiten von den Kaisern diese Würde erhalten haben, gehen den alten Fürsten nach. S. auch Erzherzog und Großherzog. Anm. Die Abstammung dieses Wortes ist nicht schwer. Es ist aus Heer und ziehen, ehedem tiuhan, teohan, Nieders. tehen, anführen, zusammen gesetzt, so wie das Lat. Dux von ducere abstammet. Boxhorn war fest überzeugt, daß das alte Persische Xerxes mit unserm Herzog, so wohl der Abstammung als Bedeutung nach, überein komme.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1153-1154.
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