Herzog [2]

[253] Herzog, 1) Johann Jakob, reform. Theolog, geb. 12. Sept. 1805 in Basel, gest. 30. Sept. 1882 in Erlangen, wurde 1830 Professor in Lausanne, 1847 in Halle, 1854 in Erlangen, wo er 1877 in den Ruhestand trat. Unter seinen zahlreichen Schriften sind hervorzuheben. »Joh. Calvin« (Basel 1843); »Das Leben Öcolampadius und die Reformation der Kirche zu Basel« (das. 1843, 2 Bde.); »Die romanischen Waldenser« (Halle 1853); »Abriß der gesamten Kirchengeschichte« (Erlang. 1876–82, 3 Bde.; Ergänzungsheft von Koffmane, 1887; 2. Aufl. von Koffmane, Leipz. 1890–92, 2 Bde.). H. gab die »Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche« (Gotha 1853–68, 22 Bde.) heraus, die er seit 1877 gemeinsam mit Plitt und nach dessen Tode mit Hauck (s. d.) einer neuen Bearbeitung unterzog.

2) Hans, General und Oberbefehlshaber der eidgenössischen Armee, geb. 28. Okt. 1819, gest. 2. Febr. 1894 in Aarau, wurde für das Handelsfach bestimmt, konditionierte nach dem Besuch der Genfer Akademie in Triest, Mailand und Havre, zugleich mit Vorliebe militärischen Studien obliegend. 1839 trat er in die Schweizer Artillerie ein, diente 1846 als Volontär in der württembergischen Artillerie und war später häufig bei den Manövern deutscher Armeen zugegen. Nach 21 Dienstjahren in der Miliz ward er 1860 zum Inspektor der eidgenössischen Artillerie, beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870 zum Oberbefehlshaber der zum Schutz der Grenze aufgestellten Armee von 37,000 Mann ernannt. H. bildete mit derselben eine Kette, die in den Juratälern um Delsberg und Pruntrut begann und an den Ufern der Birs, der Ergolz und des Rheins an Stärke zunahm. Als im August die Entlassung des größten Teiles der Armee verfügt ward, reichte H. über die von ihm im Heer gefundenen, durch die Nachlässigkeit einzelner Kantone verschuldeten Übelstände einen ungeschminkten Bericht ein und forderte zugleich seine Entlassung. Die Umstände bewogen ihn jedoch, 20. Jan. 1871 das Kommando wieder zu übernehmen und mit 20,000 Mann von neuem die Westgrenze zu besetzen. Am 1. Febr. schloß er eine Konvention mit dem französischen General Clinchant über die Internierung der Bourbakischen Armee (88,000 Mann, 11,000 Pferde) in der Schweiz ab und leitete die Überführung dieser großen militärischen Massen in die eidgenössischen Kantone. Später bekleidete er die Stelle eines eidgenössischen Waffenchefs der Artillerie.

3) Karl Joseph Benjamin, deutscher Staatsmann, geb. 1827 zu Brieg in Schlesien, gest. 23. März 1902 in Berlin, studierte die Rechte, trat 1856 als Justitiar bei der Finanzabteilung der königlichen Regierung in Breslau in das Verwaltungsfach und ward zugleich Oberpräsidialrat in Handels- und Gewerbeangelegenheiten. 1859 als Hilfsarbeiter in die Abteilung für Handel und Gewerbe im Handels ministerium berufen und 1864 zum vortragenden Rat befördert, vertrat er 1867 den Norddeutschen Bund als Kommissar bei der Ausstellung in Paris und bei der internationalen Münzkonferenz, 1868–1870 Preußen bei der Rheinschiffahrtskommission. Im September 1871 wurde er Direktor der im Reichskanzleramt neugebildeten Abteilung für Elsaß-Lothringen und Ende 1876 Unterstaatssekretär des neugegründeten Reichsamts für Elsaß-Lothringen sowie Mitglied des Bundesrats, als welches er die Reichsregierung im Reichstag mit Schlagfertigkeit und Geschick vertrat. Nach der Neuregelung der Verfassung und Verwaltung der Reichslande unterm 1. Okt. 1879 als Staatssekretär an die Spitze des ersten elsaßlothringischen Ministeriums berufen, nahm er schon 9. Juli 1880 seine Entlassung, weil der Statthalter v. Manteuffel Zugeständnisse an den Klerus machte, die H. nicht billigte, und trat nach seiner Rückkehr aus Amerika (vgl. seine Reisebriefe: »Aus Amerika«, Berl. 1884, 2 Bde.) 1885 in das Direktorium und später in den Verwaltungsrat der neugegründeten Neuguinea-Kompanie ein, dem er bis zu seinem Tod angehört hat.

4) Ernst von, Philolog, geb. 23. Nov. 1834 in Eßlingen, studierte seit 1852 in Tübingen, München und Berlin und wurde nach mehrjährigen Reisen 1862 Privatdozent in Tübingen, 1867 außerordentlicher, 1874 ordentlicher Professor daselbst. Seine Hauptwerke sind: »Galliae Narbonensis provinciae romanae historia etc.« (Leipz. 1864); »Untersuchungen über die Bildungsgeschichte der griechischen und[253] lateinischen Sprache« (Leipz. 1871); »Die Vermessung des römischen Grenzwalles in seinem Lauf durch Württemberg« (Stuttg. 1880); »Über die Glaubwürdigkeit der aus der römischen Republik bis zum Jahre 387 d. St. überlieferten Gesetze« (Tübing. 1881); »Geschichte und System der römischen Staatsverfassung« (Leipz. 1884–91, 2 Bde.).

5) Eduard, altkathol. Bischof der Schweiz, geb. 1. Aug. 1841 zu Schongau im Kanton Luzern, seit 1868 Professor der Exegese an der theologischen Anstalt seiner Vaterstadt, schloß sich 1871 den Altkatholiken an und wurde 1873 Pfarrer an der altkatholischen Gemeinde zu Olten, 1874 Professor an der katholischen Fakultät zu Bern, 1876 Bischof der christkatholischen Kirche der Schweiz. Er schrieb: »Christkatholisches Gebetbuch« (Bern 1879, 4. Aufl. 1893); »Gemeinschaft mit der anglo-amerikanischen Kirche« (das. 1881); »Über Religionsfreiheit in der helvetischen Republik« (das. 1884); »Synodalpredigten und Hirtenbriefe« (das. 1886, neue Folge 1891); »Beiträge zur Vorgeschichte der christkatholischen Kirche der Schweiz« (das. 1896); »Die kirchliche Sündenvergebung nach der Lehre des heil. Augustin« (das. 1902), über die Ohrenbeichte u. a., sowie biographische Schriften über Thaddäus Müller (den Freund Wessenbergs, das. 1886), Robert Kälin (Solothurn 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 253-254.
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