Hamburg

[162] Hamburg, eine freie Reichsstadt mit einer Festung, an der Gränze der Hollsteinschen Provinz Stormarn am Elbstrom, da wo sich die Alster in denselben ergießt, und dadurch den schönen Hafen bildet, eine halbe Stunde von Altona. Sie ist die wichtigste und reichste Handelsstadt in Deutschland, und nach London und Amsterdam der vorzüglichste Handelsplatz in Europa. Sie hat über 100,000 Einwohner, unter denen sich 3500 Juden befinden. Durch das zwischen Hamburg und Lübeck i. J. 1241 geschlossene Bündniß zur Beschützung der gegenseitigen Handlung wurde das nachmahlige große Städtebündniß, Hansa genannt, veranlaßt, in welchem Hamburg seine Handlung sehr erweiterte: und da es an mehreren übermüthigen Unternehmungen der Hansestädte keinen Theil nahm, vielmehr bei dem herannahenden Sturze dieses Bundes (s. Hanseatischer Bund) mit kluger Politik den großen Herren zu rechter Zeit nachgab; so wußte es sich nicht nur damahls seine Vortheile zu sichern, sondern sie auch zum Theil für künftige zu erhalten. Vorzüglich gelang es Hamburg durch die Aufnahme der Englischen Avanturier-Kaufleute (einer Gesellschaft Engländer, welche die Vertreibung der Englischen Tuch und Wollwaren in der Ferne zur Absicht hatte, dabei aber auch mit andern Englischen Producten auswärts handelte), i. J. 1601 seine Freiheiten in England zu behaupten. Im J. 1630 erneuerten die drei Städte Hamburg, Lübeck und Bremen ihren Bund, und führen von der Zeit an allein den Namen der Hansestädte. Im sechzehnten Jahrhundert flüchteten sich viele Niederländer nach Hamburg, wodurch nicht nur die dasige Handlung wuchs, sondern auch die vorzüglichsten noch jetzt bestehenden Manufacturen (die Sammt-seidene Tücher-Tressen Manufacturen und die Kattun-Druckereien) daselbst entstanden. Die wichtigsten [162] Manufacturen in Hamburg sind jedoch die Zuckerraffinerien (man rechnet daselbst gegen und oft über 300 große und kleine Zuckersiedereien, dagegen Amsterdam 1765 nur 105 hatte), welche man nirgends in solcher Vollkommenheit findet. Hamburgs Handlung genießt eben so große innere als äußere Freiheiten; sie erstreckt sich in alle Europäische Länder, auch nach Amerika, und ist, weit entfernt abgenommen zu haben, gegenwärtig, vorzüglich seit dem Französischen Kriege, zu einem noch größern Flor gelangt. Die Hamburger Bank, eine Girobank, welche 1619 errichtet wurde, und deren ausführliche Geschichte Büsch geliefert hat, ist die Seele des dasigen Handels, wird für die sicherste von allen gehalten, und gewährt den großen Vortheil, daß, da sie dem Gelde einen festen, unveränderlichen Werth bestimmt, das feste Geld der hiesigen Bank zur sichern Bestimmung des Werths der Deutschen und fremden Geldsorten dient, wenn auch die Münzsorten noch so verschieden ausgeprägt oder berechnet werden. Ein treffliches Institut ist die seit 1768 bestehende Büschische Handlungsakademie, welche insbesondere Jünglinge zu einsichtsvollen Kaufleuten, überhaupt aber zu Männern und einsichtsvollen Geschäftsleuten zu bilden sucht, und bisher Zöglinge aus allen Nationen gehabt hat. Nicht minder hat sich Büsch um Hamburg durch die Veranlassung verdient gemacht, die er zu der vortrefflichen dasigen Armenanstalt gegeben hat, welche als ein Muster solcher Einrichtungen zu betrachten ist. Ueberhaupt hat Hamburg mehrere vortreffliche öffentliche und philanthropische Anstalten. Die oberste Gewalt ist zwischen dem Rath und der erbgesessenen Bürgerschaft; einige Hoheitsrechte übt jedoch der Rath für sich selbst aus, wie das Begnadigungs- und Gesandtschaftsrecht. Uebrigens gelangte Hamburg erst 1770 zum ungestörten Besitz seines Sitz- und Stimmrechts auf dem Reichstage, nachdem die Streitigkeit mit Dänemark über die Freiheiten der Stadt, welche während des ganzen vorigen und den größten Theil des jetzigen Jahrhunderts fortgedauert hatte, im Jahr 1768 unter Begünstigung der Kaiserin von Rußland, Catharina II. durch den Gottorper Vertrag beigelegt worden war. Hamburgische Denkwürdigkeiten, [163] ein topographisch- politisch- historisches Handbuch für Einheimische und Fremde, Hamburg 1784, vom Herrn von Heß.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 162-164.
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