Anton Raphael Mengs

[118] Anton Raphael Mengs. Dieser große Künstler, vielleicht der größte Mahler unsers Jahrhunderts, wurde zu Aussig in Böhmen 1728 geboren. Sein Vater, Ismael Mengs aus Coppenhagen, ebenfalls ein berühmter Mahler, wohnte in Dresden, und erzog ihn nebst seinen zwei Schwestern bloß zur Mahlerei; er bediente sich dabei der entsetzlichsten Strenge, die bei jedem Fehler in körperliche Züchtigungen überging. Er nahm seine drei Kinder mit nach Nom, ließ sie hier drei Jahre die Kunst studiren, und kehrte 1744 nach Dresden zurück. Schon waren sie treffliche Pastellmahler; und noch immer machte der Vater aus ihren großen Talenten das größte Geheimniß, bis endlich von ungefähr ein Kammermusicus, Annibali, zu ihm kam, und diese bei der Arbeit überraschte und ihr Talent entdeckte. Annibali machte die Entdeckung sogleich am Hofe des Königs August III. bekannt; und der alte Mengs wurde mit Gewalt durch einen Gardisten gezwungen, die Kunstwerke seiner Kinder an den Hof bringen zu lassen, unter denen sich besonders die des Sohns auszeichneten. Der König unterstützte nun des jungen Mengs Talent durch eine Pension von 600 Thalern, die er in der Folge vermehrte, und ließ ihn in Rom studiren. Als Mengs einst hier [118] beschäftigt war, ein Marienbild zu zeichnen, sah er auf der Straße ein armes, idealisch schönes Mädchen; in der größten Begeisterung rief er aus »du bist die Mutter, die ich so sehnlich suche!« und nöthigte sie, sich in seiner Wohnung von ihm mahlen zu lassen. Aber während des Mahlens verliebten sich beide in einander: sie beschlossen sich zu heirathen; und Mengs nahm, da sie auf keine andere Art die seinige werden konnte, die katholische Religion an. Als er nach Dresden zurückkehrte, war sein Ruhm schon allgemein ausgebreitet; er machte Versuche in der Oelmahlerei, ward in seinem 23. Jahre Hofmahler, und bekam den Auftrag, in die neu erbaute katholische Kirche einige Blätter, besonders aber das große Altarblatt, zu verfertigen, welches die Himmelfahrt des Erlösers darstellt und eins der ersten Meisterstücke ist, woran er aber fast 20 Jahre arbeitete. Im J. 1752 reiste er abermahls nach Rom, wo er von Benedict XIV. das Ritterkreuz erhielt, welches die Päpste den vollendersten Künstlern zu schenken pflegen; er ward Winkelmanns vertrautester Freund, studirte unter seiner Leitung die Antike, in der er außerordentliche Fortschritte machte, und fing nun auch mit ausnehmendem Glück die al Fresco-Mahlerei an. Als die Pension des Ritters, die er aus Sachsen erhielt, mit dem Ausbruche des siebenjährigen Kriegs wegfiel, begab er sich nach Neapel, ward Hofmahler des Königs, und ging mit diesem, als derselbe unter dem Namen Carl III. die Spanische Krone erlangt hatte, 1761 mit 6000 Thaler Gehalt nach Madrit. Hier mahlte er in dem königlichen Pallast und in Kirchen unvergeßliche Meisterwerke auf Leinwand sowohl als auf Kalk, entwarf viele Gemählde für den König, für den Sächsischen und andere Höfe, auch für Privatpersonen, zerrüttete aber durch die schädliche Ausdünstung, die er bei der Kalkmahlerei einsog, durch das veränderte Spanische Clima, und durch das nächtliche Studiren und Bücherschreiben (er hat auch trefflich über die Mahlerei geschrieben) seine Gesundheit so sehr, daß er sich zweimahl nach Rom begeben mußte. Ihm verdankt der Vatikanische Pallast eine neue geschmackvolle Einrichtung und viele unschätzbare Gemählde. Allein bald beraubte ihn der Tod seiner schönen Gattin und mehrerer seiner Kinder; er erkrankte, konnte kaum [119] das Bett verlassen, und starb endlich 1779 im Anfange seines 52. Lebensjahres. Ganz Europa betrauerte den zu früh verstorbenen Künstler, der zwar nicht das Genie eines Raphaels besaß, aber doch die höchste Vollendung erreichte, die das Studium zu geben vermag; oft war er zu ängstlich in dem letztern, eine Folge seiner sclavischen Erziehung. Corregio war sein Liebling. Zum größten Schaden für die Kunst blieb das schönste seiner Werke, die Verkündigung Mariä, das er für Carl III. mahlte, durch seinen Tod unvollendet. Die Dresdner, noch mehr aber die Spanische Bilder-Gallerie enthält sehr viele von seinen Stücken, und Madrit und Rom besitzen von ihm die herrlichsten al Fresco-Gemählde.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 118-120.
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