Römischer König

[305] Römischer König. Das Römisch - Deutsche Reich hat entweder einen Kaiser allein, oder aber einen Kaiser und Römischen König zugleich. Jener, als das Oberhaupt des Reichs, regiert dasselbe, in so weit nach Reichsgrundgesetzen und laut der von ihm beschwornen Wahlcapitulation ihm von den Ständen das Recht dazu überlassen worden ist; dieser aber, obwohl bei seiner Wahl ihm alle Regierungsrechte eines Deutschen Kaisers von den Ständen übertragen worden, darf, so lange der Kaiser lebt, oder so lange derselbe noch als Kaiser regiert, von keinem seiner Regierungsrechte Gebrauch machen. Es ist sonach der Römische König im Deutschen Reiche zwar eine sehr erhabne Person, die gleich unmittelbar auf den regierenden Kaiser im Range folgt, aber ohne Regierung; ja, unter der Bedingung, daß er von den ihm übertragnen kaiserlichen Regierungsrechten erst nach Abgang des Kaisers Gebrauch machen solle und dürfe, [305] geschah seine Wahl. Man wird sonach gewiß nicht wider die Theorie des Deutschen Staatsrechts verstoßen, wenn man sich in der Person eines Römischen Königs einen eventuellen Deutschen Kaiser denkt. – Und dieß ist er auch in der That; denn sobald der bisher regierende Kaiser stirbt oder resignirt, so tritt nunmehr der bisherige Römische König als Deutscher Kaiser auf, und das ihm übertragne Recht zu regieren, das seit seiner Wahl gleichsam ruhte (imperium quiescens), wird augenblicklich in ihm, als nunmehrigen Kaiser, existent. Dieß war der Fall nach dem Tode Kaiser Franz des ersten, welcher bei seinen Lebzeiten seinen Prinzen und nachherigen Kaiser, Joseph den zweiten, zum Römischen Könige hatte wählen und krönen lassen; andrer Beispiele aus entferntern Zeiten nicht zu gedenken. Wenn denn nun in der Person des Römischen Königs der eventuelle Deutsche Kaiser sich vereinigt, so daß nach erfolgtem Abgang des letztern der erstere nun als Oberhaupt und Regent auftreten darf: so kann freilich jetzt das, nach Abgange eines jeden Kaisers, den beiden Churhäusern Pfalz und Sachsen zustehende Vicariat nicht in Ausübung gesetzt werden; den einzigen Fall jedoch ausgenommen, wenn bei Abgange des Kaisers der als Römischer König gewählte Prinz und nunmehrige Kaiser noch minderjährig, das heißt, noch nicht 18 Jahre alt wäre.

Da nun während der Regierung des Kaisers die dem Römischen Könige übertrognen Regierungsrechte gänzlich schweigen, so ist die Frage »was für Vortheile aus der Wahl eines solchen Römischen Königs etwa erwachsen dürften« sehr natürlich. Freilich sind diese Vortheile nur relativ, aber doch wirklich bestehende Vortheile. Denn einmahl weiß daß Reich nun seinen künftigen Kaiser schon zum voraus, und es ist sonach bei endlicher Eröffnung des Kaiserthrons keine Kaiserwahl mehr nöthig, indem diese in der vorgängigen Königswahl eventuel mit begriffen war; und dann kann selbst der Kaiser auch mit desto größerer Ruhe der Zukunft entgegensehn, wenn er jetzt schon in dem Römischen Könige, besonders wenn dieser einer seiner Prinzen oder einer seiner nächsten Verwandten ist, seinen künftigen Nachfolger kennt.

Als wirklich gewählter und gekrönter König kann derselbe sich auch des Titels eines Königs anmaßen, und sich in - und außerhalb Deutschland königliche Ehre bezeigen [306] lassen; mithin muß er von jedem, auch von den Reichsständen und dem gesammten Deutschen Reiche, (dem Reiche in corpore) ja so gar von allen auswärtigen Mächten, in dem Prädicate: Eure königl. Majestät angeredet werden. So kommt ihm auch der Titel: »Allezeit Mehrer des Reichs« (Semper Augustus) zu, so wie er auch des kaiserlichen Wapens und Siegels theilhaftig wird, nur mit dem Unterschiede, daß in demselben ein einziger Adler sich befinden darf, da hingegen in dem des Kaisers zwei Adler stehen.

Bei der Wahl und Krönung eines Römischen Königs werden übrigens eben dieselben Feierlichkeiten beobachtet, sie wird durch eben dieselben Personen (die zu Frankfurt a. M. versammelten Churfürsten, oder ihre Gesandten) verrichtet, wie bei der Kaiserwahl und Krönung. – Es sollen aber, vermöge Reichsschlusses, die Churfürsten nicht leicht zur Wahl eines Römischen Königs vorschreiten, als nur dann, wenn etwa der regierende Kaiser auf geraume Zeit sich außer Deutschland begeben wollte, oder wenn derselbe Alters und Schwachheit halber den Regierungsgeschäften nicht füglich mehr vorzustehen vermöchte, oder wenn das Wohl des gesammten Deutschen Reichs diese Wahl schlechterdings erforderlich machte. Ist nun ein oder der andre Wahlfall vorhanden, und die Wahl auch wirklich vollzogen worden, so muß er, gleich jedem Kaiser, eine Capitulation unterschreiben und öffentlich beschwören.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 305-307.
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