Michael Ignaz Schmidt

[119] Michael Ignaz Schmidt, Doctor der Theologie, kaiserlich königlicher Hofrath, erster Archivar, wie auch Beisitzer der Büchercensur-Commission zu Wien und – was seinen Namen unvergeßlich machen wird – Verfasser der Geschichte der Deutschen. Er war zu Arnstein im Bisthum Würzburg am 29. Jan. 1736 geboren, und erhielt seine erste Bildung von den Jesuiten auf dem Gymnasium und dem bischöflichen Seminarium zu Würzburg. Er wählte jedoch, anstatt in ihren Orden zu treten, den Stand eines Weltgeistlichen und ward, nach Erlangung der theologischen Licentiatenwürde, Caplan zu Haßfurt; bald darauf wurde er aber nach Bamberg als Erzieher eines jungen Herrn von Rotenhan berufen, dessen Vater bischöflich Bambergischer Großhofmeister war. Durch diesen gelehrten und verdienstvollen Mann wurde Schm. zum Verbesserer des Erziehungswesens seines Vaterlandes und zum Geschichtschreiber gebildet, nachdem er schon frühzeitig auf die Mängel des erstern aufmerksam und von einer großen Neigung zur Geschichte beseelt worden war. Nach einem [119] mehrjährigen Aufenthalte in Rotenhanʼs Hause rief man ihn nach Würzburg zurück, um ihm in dem dasigen Seminarium die Stelle des abwesenden Vorstehers zu übertragen; und er trat nun 1769 mit seiner Lateinisch geschriebenen Methode zu katechisiren zum ersten Mahle als Schriftsteller auf. Diese Schrift legte den Grund zur nachherigen großen Verbesserung des Würzburgischen Gymnasiums und der dortigen Landschulen: man erkannte sie nicht allein von Seiten der Katholiken für die vorzüglichste ihrer Art, sondern nahm sie auch von Seiten der Protestanten mit Beifall auf; und sie wurde durch eine Deutsche Uebersetzung, von der 1785 eine neue Auflage erschien, noch mehr verhreiter. Auch blieben Schmidts Verdienste, die er sich durch dieses Werk erwarb, von seinem Landesherrn nicht unbelohnt; er wurde im Jahr 1771 als dritter Bibliothecar der Universität Würzburg angestellt, sodann zum Beisitzer der theologischen Facultät und zum Professor der Deutschen Reichsgeschichte ernannt, erhielt auch bald nachher eine Präbende und die Würde eines Würzburg-Bambergischen geistlichen Rathes mit Sitz und Stimme in der geistlichen Regierung, dem ersten Landes Collegium. Hatte Schmidt durch sein erstes Werk, besonders in seinem Vaterlande, in Ansehung des Erziehungswesens eine neue Epoche gegründet; so that er dieß nun in Ansehung der Geschichte für ganz Deutschland durch seine Geschichte der Deutschen, deren erster Theil zu Ulm 1778 erschien. Seine Hauptabsicht bei diesem Werke war, zu zeigen, wie Deutschland nach und nach seine Cultur, seine Gesetze, Künste und Wissenschaften, besonders seine Staats- und Kirchenverfassung, erhalten habe. Der allgemeine Beifall dieses Werks, für den schon die wiederholten Auflagen und Nachdrücke sprechen, und der Ruhm, den sich der Verfasser durch dasselbe erwarb, der ihm auch 1780 die anfangs gedachten Stellen in Wien verschaffte, stiegen mit der Fortsetzung des Werkes immer mehr; nur erst die partheiische Behandlung der großen Kirchenreformation zog ihm bedeutenden Tadel zu. Ein über Deutschlands Geschichte gleichsam obwaltendes eignes Mißgeschick, das schon über den frühesten Arbeiten eines Hahn, Bünau und Mascov obwaltete und deren Vollkommenheit hinderte, ließ [120] auch Schmidt sein unsterbliches Werk nicht vollenden, indem er schon am 1. November 1794 starb, da er solches nur bis zum Jahre 1658 fortgeführt hatte. Der als historischer Schriftsteller längst geschätzte Milbiller übernahm nun die Fortsetzung desselben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 119-121.
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