Wrangel

[432] Wrangel. Die Familie Wrangel ist eine berühmte Schwedische Familie, die seit dem 17ten Jahrhundert ihrem Vaterlande mehrere berühmte Staatsmänner und Krieger geliefert hat. Die vorzüglichsten aus dieser Familie sind Herrmann und Carl Gustav Wrangel.

Herrmann Wrangel, königlich Schwedischer Reichsrath und General-Feldmarschall, 1587 geboren, trat sehr frühzeitig in Kriegsdienste, und machte sich schon in dem Kriege König Carls IX. von Schweden († 1611) gegen Rußland und Dännemark bekannt. Gustav Adolph, der ihn 1621 zum Feldmarschall ernannte, setzte den Krieg gegen Pohlen fort, den Wrangel mit ziemlichem Glück führte, so daß das damahls mächtige Pohlen sich genöthiget sah, mit Gustaven 1629 einen Waffenstillstand abzuschließen. Wrangel folgte nun Gustaven mit nach Deutschland, und wohnte dessen Feldzügen bei, ging aber nach dessen Todte zurück, und wurde in verschiedenen Staatsgeschäften, besonders bei den 1635 von neuem zwischen Pohlen und Schweden abgeschlossenen Friedensverhandlungen gebraucht. Im folgenden Jahre übertrug ihm aber Oxenstierna (s. dies. Art.) das Commando einer eignen Armee in Pommern, wo er verschiedene wichtige Festungen eroberte, und dem Schwedischen General Banner gegen die kaiserliche und Sächsische Armee zu Hülfe kam. Allein, da dessen ungeachtet die Kaiserlichen bald große Fortschritte in Vor-Pommern machten, gerieth er deßhalb mit Bannern in Streit. Man rief ihn daher von der Armee zurück, und übertrug ihm die Stelle eines Generalgouverneurs von Liefland, die er bis zu seinem Todte (1644) bekleidete. Weit berühmter, als er, ist sein Sohn,

Graf Carl Gustav Wrangel, königlich Schwedischer Feldmarschall und General-Gouverneur von Pommern. Er war wahrscheinlich gleich von Jugend auf Soldat, bekleidete schon im Jahr 1640 die Stelle eines Generalmajors, und stand bei der Schwedischen[432] Armee in Deutschland. Um diese Zeit befand sich diese in einer sehr üblen Lage, die durch des Ober-Generals Banners Todt, der am 10. Mai 1641 erfolgte, noch verschlimmert wurde: Geldmangel erregte unter den Soldaten eine Gährung, die in förmliche Rebellion auszubrechen drohte. Allein Wrangel war nicht allein so glücklich, mit Hülfe der Generale Pfuhl, Wittenberg und Königsmark diese Unruhen zu stillen, sondern auch sogar am 19. Juni bei Wolfenbüttel einen bedeutenden Sieg über die kaiserliche Armee zu erfechten, der die Schweden in den Stand setzte, sich in Deutschland zu behaupten, bis am Ende des Jahres Torstensohn (s. dies. Art.) das Obercommando der Armee übernahm. Da nun, trotz dieser verbesserten Lage der Schwedischen Angelegenheiten in Deutschland, dennoch Christian IV. König von Dännemark, sich verschiedene Bedrückungen gegen Schweden erlaubte, indem er den Sundzoll (s. Sund) erhöhte, viele Schwedische Schiffe aufhielt und zum Theil wegnahm, und daher schon im Mai 1643 im Schwedischen Reichsrathe beschlossen wurde, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, auch, wo möglich, einem wirklichen Angriffe der Dänen zuvorzukommen, und Torstensohn, der jetzt in Mähren stand, im October desselben Jahres den Auftrag dazu erhielt; so brach dieser, ohne jemanden, außer seinen beiden Generalen, Wrangeln und Wittenbergen, das Geheimniß seines Marsches zu entdecken, mit seiner Armee plötzlich aus Mähren auf, fiel mit einer fast beispiellosen Geschwindigkeit in Holland und Jütland ein, eroberte es beinahe ganz ohne Widerstand, und wurde nur durch den gelinden Winter gehindert, noch weiter in Dännemark vorzudringen. Dieser tapfere und unerwartete Schwedische Angriff bewog den König von Dännemark, Christian IV. sich selbst an die Spitze seiner Armee zu stellen; und es gelang ihm, zu Lande die Schwedischen Truppen unter Gustav Horn und Peter Brahe zurück zu treiben: dagegen blieb ein Angriff seiner Flotte auf die Schwedische ziemlich unentschieden. Allein, da die letztere sich gegen Christianpries (eine kleine Danische Festung am Kieler Meerbusen) zurückziehen mußte, und, von einem Theile [433] der Dänischen Flotte blockirt, bei einer vorgefallenen Kanonade ihren Admiral Flemming durch einen Kanonenschuß verlor, der König von Dännemark aber alle Zurüstungen machte, mit seinem Admiral Giedde vereint, die Schwedische Flotte ganz zu vernichten; so war Wrangel, der nach dem Todte des Schwedischen Admirals dessen Stelle erhalten hatte, so glücklich, die Schwedische Flotte, nach einer monatlichen Blockade, bei einem günstigen Winde zur Nachtzeit aus ihrer gefährlichen Lage zu retten, und sie der Blockade zu entziehen. So sehr man die Wichtigkeit und das Gefahrvolle dieser Unternehmung einsah, und so viel Lob Wrangel dadurch einerntete, so war dieß doch nur eine Vorbereitung zu einer größern Unternehmung. Wrangel verstärkte die Schwedische Flotte mit einer Anzahl Holländischer Schiffe; und so griff er noch am Ende des Jahres 1643 die Dänische, 18 Kriegsschiffe starke, Flotte bei der Insel Femern an, eroberte 10 Schiffe, verbrannte zwei, jagte vier auf den Strand, so daß nur zwei Schiffe von der ganzen Flotte entkamen. Zwar hatte die Schwedische Flotte bei dieser Schlacht ebenfalls viel gelitten, weßhalb, so wie wegen der üblen Jahreszeit, Wrangel seinen Sieg nicht weiter verfolgen konnte; allein Schweden hatte seinen Zweck, Dännemark zur Ruhe zu bringen, hinlänglich erreicht. Es kam schon 1645 durch Französische und Holländische Vermittelung zum Frieden, der zu Brömsebro in Ostgothland (s. Th. V. S. 164.) abgeschlossen wurde, und in welchem Dännemark die Insel Gothland und Orsel verlor. – Wrangel, der wegen dieser großen Siege in den Grafenstand erhoben wurde, ging nun wieder zur Schwedischen Armee in Deutschland, und übernahm 1646 nach Torstensohns Abgange das Hauptcommando derselben. Er drang, als Torstensohns würdiger Nachfolger, nach vielen Unternehmungen und Eroberungen 1647 in Böhmen ein, eroberte am 7. Juli Eger, überfiel am 20. die ihm gegen über stehenden Oestreicher in ihrem Lager, und drang bis an das Hauptquartier vor, so daß er beinahe Kaiser Ferdinand III. selbst gefangen genommen hätte. Auch schlug er noch im folgenden Jahre die Avantgarde der kaiserlichen Armee bei Augsburg. Der Abschluß des [434] Westphälischen Friedens machte jedoch seinen weitern Eroberungen in Deutschland ein Ende; und da Christian (s. dies. Art.) den Krieg nicht liebte, so hatte jetzt Wrangel einige Jahre keine Gelegenheit, sich zu zeigen. Allein, kaum bestieg der kriegerische Carl Gustav den Schwedischen Thron, so griff er Schwedens alten Feind, Pohlen, an, ungeachtet ihn Wrangel vielmehr zu einem Angriff auf Dännemark rieth. Dieser begleitete seinen König nach Pohlen, der, in Verbindung mit dem Churfürsten von Brandenburg, Friedrich Wilhelm dem Großen († 1688), in einer dreitägigen Schlacht (18. bis 20. Juli 1656) bei Warschau den König von Pohlen, Johann Casimir, besiegte, und ihn nöthigte, sein Reich zu verlassen. Indeß fiel Friedrich III. König von Dännemark, wie Wrangel vorher gesagt hatte, 1657 auf Anstiften der Holländer und Oestreichs in Schweden ein, und drang im Herzogthum Bremen vor. Wrangel erhielt nun gegen ihn das Commando, trieb die Dänen zurück, und machte bald so große Fortschritte in ihrem eignen Lande, daß Friedrich III. sich schon am 26. Febr. 1658 zum Frieden zu Rothschild bequemen, und in demselben Schonen, Halland, Drontheim, Bornhelm und mehrere andre Dänische Besitzungen an Schweden abtreten mußte. Als aber Carl Gustav diesen Frieden nach wenigen Wochen brach, mußte Wrangel im August 1658 die Festung Kronenburg angreifen, die sich nach zwanzigtägiger Belagerung ergab; und jetzt erschien Wrangel als Admiral der Schwedischen Flotte vor Kopenhagen selbst. Allein Holland schickte seinen berühmten Admiral Opdam den Dänen mit einer Flotte zu Hülfe, der, ungeachtet einer blutigen Seeschlacht im Sunde (am 29. October 1658), bis Kopenhagen vordrang. Allein, bei den Bündnissen Brandenburgs mit Pohlen und Oestreich, und bei der Landung dieser gegen Schweden alliirten Mächte auf der Insel Fünen mußte Wrangel sich ihnen entgegenstellen; doch bald bewirkten Carl Gustavs plötzlicher Todt (1660) und die Minderjährigkeit seines Sohnes, Carls XI. einen doppelten Frieden mit Pohlen zu Oliva (s. dies. Art.), in welchem Preußen mit eingeschlossen wurde, und am 6. [435] Juni den Frieden zu Kopenhagen mit Dännemark, wo denn Schweden Drontheim und Bornholm wieder an Dännemark zurückgab. Funfzehn Jahr lang genoß nun Schweden von neuem des Friedens, als es Ludwig XIV. (s. Th. II. S. 422.) zu einem neuen Kriege gegen Brandenburg und dessen Alliirten, Dännemark, veranlaßte. Wrangeln wurde, seines hohen Alters ungeachtet, das Commando einer Armee übertragen, mit der er 1674 in Pommern und in die Neumark einfiel, jedoch bald bettlägrig ward. Da nun über dieß Friedrich Wilhelm der Große seinen angegriffenen Staaten mit der größten Eile zu Hülfe kam, die Schweden am 12. Juni 1675 bei Rathenau überfiel, und am 18. bei Fehrbellin schlug; so legte Wrangel seine Feldherrnstelle ganz nieder, und starb schon im folgenden Jahre, ohne durch die letztern unglücklichen Vorfälle, die seine Armee trafen, etwas von seinem vorherigen Ruhme verloren zu haben, da er jetzt aus Altersschwäche und Kränklichkeit nicht im Stande war, einem Gefechte beizuwohnen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 432-436.
Lizenz:
Faksimiles:
432 | 433 | 434 | 435 | 436
Kategorien:

Buchempfehlung

Klopstock, Friedrich Gottlieb

Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne

Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne

Von einem Felsgipfel im Teutoburger Wald im Jahre 9 n.Chr. beobachten Barden die entscheidende Schlacht, in der Arminius der Cheruskerfürst das römische Heer vernichtet. Klopstock schrieb dieses - für ihn bezeichnende - vaterländische Weihespiel in den Jahren 1766 und 1767 in Kopenhagen, wo ihm der dänische König eine Pension gewährt hatte.

76 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon