Almosen

[57] Almōsen, ein Wort griech. Ursprungs, welches soviel als Barmherzigkeit bedeutet, dient im Deutschen zur Bezeichnung jeder aus Mildthätigkeit dem Bedürftigen gereichten Gabe. Da die Unterstützung der Bedürftigen eine Pflicht ist, welche sowol die Vernunft als das Sittengesetz fodert, so waren auch die Almosen in frühern Zeiten ganz freiwillig. In der ersten christlichen Kirche, welche sich ganz besonders durch Mildthätigkeit auszeichnete, sammelte man die Almosen an den Eingängen der Kirchen und verwendete drei Theile derselben zur Besoldung der Geistlichen und den vierten auf die Armen und den Kirchenbau. Als man später das Almosengeben für etwas Verdienstliches ansah, wodurch namentlich ein Anspruch auf Sündenvergebung begründet werde, wurden die Armen und die Geistlichkeit desto reichlicher bedacht, doch nicht mehr aus Mildthätigkeit, sondern weil man sich dadurch eine Stufe in den Himmel zu bauen meinte. Gegenwärtig betrachtet man es fast allgemein als eine Pflicht des Staats, den Armen ihren nothdürftigen Unterhalt zu gewähren. Zu diesem Zwecke wird in England eine allgemeine Steuer, die Armentaxe genannt, erhoben; in Deutschland aber und mehren andern Ländern sind die Gemeinden gesetzlich verpflichtet, ihre Armen zu ernähren.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 57.
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