Cyrillus [2]

[492] Cyrillus, Patriarch von Alexandrien, ein sehr unduldsamer, streit- und herrschsüchtiger Kirchenlehrer, wurde zu Alexandrien in der letzten Hälfte des 4. Jahrh. geboren und erhielt daselbst von seinem Oheim, dem gewaltthätigen Bischof Theophilus, und den Mönchen der ägypt. Wüsten seine geistliche Bildung. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt zeichnete er sich durch Eifer für Rechtgläubigkeit und durch Beredtsamkeit aus, die bei der Anmuth seiner Gestalt eine desto größere Wirkung hatte und erlangte dadurch nach dem Tode seines Oheims 412 die Patriarchenwürde. Bald nach seiner Einsetzung erregte er zu Alexandrien eine heftige Verfolgung der Juden, in welcher der kais. Statthalter, als er diese Gewaltthat zu hindern suchte, durch den Steinwurf eines wüthenden Mönchs beinahe sein Leben verloren hätte. Dessenungeachtet wußte C. bei dem Kaiser gegen den Statthalter Recht zu behalten, und um denselben noch verhaßter zu machen, versetzte er den zu Tode gegeißelten schuldigen Mönch unter die Heiligen. Am berühmtesten, aber auch zugleich am berüchtigtsten machte er sich durch seinen Streit mit dem konstantinop. Patriarchen Nestorius über das Verhältniß der göttlichen und menschlichen Natur in Christo. Da jener diese beiden Naturen in der Person Christi getrennt dachte und sich deshalb weigerte, die Maria eine Gottgebärerin zu nennen, dieser aber darauf drang, da bei Christo von keiner rein menschlichen Natur die Rede sein könne, so ward der Zwist so heftig, daß er auf einer Kirchenversammlung zu Ephesus 431, da die ganze Kirche daran Theil nahm, entschieden werden sollte. Nur die kais. Truppen konnten hier blutigen Auftritten zwischen den Parteien Einhalt thun und obgleich die Meinung des Gegners von C. in der Kirche zur herrschenden erhoben ward, wußte ihn Letzterer doch durch seine Verbindungen am kais. Hofe zu stürzen. Nach einem unruhigen und vielbewegten Leben starb C. 444 mit Hinterlassung eines großen Vermögens und wurde, da er sich den Schein der Rechtgläubigkeit zu geben wußte, vom Volke der Heilige genannt. Von seinen zahlreichen Schriften sind die meisten verloren gegangen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 492.
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