Exorcismus

[711] Exorcismus heißt überhaupt jede Beschwörung oder Beschwörungsformel, in der christlichen Kirche aber vorzugsweise diejenige, welche von Geistlichen und sogenannten Exorcisten, d.h. Leuten, welche ein besonderes Geschäft daraus machten, über Besessene (s.d.) und andere Personen ausgesprochen wurden, um sie dadurch von vermeintlich in ihnen wohnenden bösen Geistern zu befreien. In Folge der Ansicht, daß alle Heiden vom Bösen besessen wären, wurde der Exorcismus seit dem 3. Jahrh. in die Taufhandlung aufgenommen und seit dem 5. Jahrh., wo des Augustinus Ansicht von der Erbsünde (s.d.) herrschend wurde, auch bei der Taufe neugeborener Kinder angewendet. Die röm.-katholische Kirche hat denselben in seiner ursprünglichen Form bis heute beibehalten und da ihn Luther nicht aufhob, so erhielt er sich auch in der protestantischen Kirche bis in die neuere Zeit, obgleich er schon im 16. Jahrh. von vielen lutherischen Geistlichen misbilligt und von der reformirten Kirche frühzeitig beseitigt wurde. Man erklärte ihn jedoch dahin, daß er nicht als zur Bannung des Teufels nothwendig, sondern als ein Bekenntniß der angeborenen Verderbniß und der Nothwendigkeit der Erlösung zu betrachten sei. Die sächs. neue Agende vom Jahre 1812 enthält ihn nicht mehr, in der neuen preuß. aber ist er durch die Worte angedeutet: »Der Geist des Unreinen gebe Raum dem h. Geist

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 711.
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