Judas [1]

[512] Judas, Sohn Simon's, mit dem Beinamen Ischarioth, einer der Apostel Jesu und als sein Verräther ein Gegenstand des Abscheus bei den Christen. In der Gesellschaft Jesu machte er auf den Lehrreifen den gemeinsamen Kassenführer, misbrauchte aber das ihm geschenkte Vertrauen durch betrügerische Gewinnsucht, indem er sich zugleich den Schein der Uneigennützigkeit und Mildthätigkeit gab. Endlich verrieth er seinen Herrn und Meister für 30 Seckel, welches etwa 20 Thaler beträgt, bereute aber nachher die schwarze That, als er ihren schrecklichen Erfolg sah und erhing sich, nachdem er zuvor den Verrätherlohn in die Hände der Juden zurückgegeben hatte. Da Liebe und Dankbarkeit I. gleich stark an Jesus fesseln mußten, so ist es schwer, zu entscheiden, aus welchem Grunde die ungeheure That hervorging. Man hat diesen nicht nur in der Habsucht, zu der I. einen überwiegenden Hang zeigte, gesucht, sondern auch gemeint, er habe die thörichte Hoffnung gehegt, daß ein herbeigeführter offener Angriff Jesus, der ihm zu lange zögerte, bestimmen werde, sich zum König der Juden zu erklären. Die alte Kirche betrachtete I. als ein Werkzeug des Teufels und noch immer gilt im gemeinen Leben eine Judasseele als der Inbegriff des schwärzesten Undanks, des niedrigsten Geizes und endloser Falschheit und Bosheit, welchen Charakter ausdrückend sein Bildniß auch von Künstlern dargestellt worden ist.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 512.
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