Judith

[515] Judith ist der Name eines schönen und muthigen hebr. Weibes, welche ihr Volk aus der Hand seiner Feinde erlöste. Es hatte nämlich Nebukadnezar, der König von Babylon, seine Boten an alle umwohnenden Völker und so auch an die Hebräer ausgesendet und Unterwerfung unter seine Macht gefodert, und als sich die Völker widersetzten, sandte er seinen Feldhauptmann Holofernes aus mit großer Heeresmacht, sie zur Unterwerfung zu zwingen. Schreck und Angst befiel [515] die Völker, daß sie sich an Holofernes ergaben, welcher ihre Heiligthümer zerstörte, damit sie nur dem übermüthigen Könige Nebukadnezar göttliche Ehrerbietung beweisen sollten. Die Hebräer allein wagten es, für ihre Religion Widerstand zu leisten und Holofernes fiel in ihr Land mit einem großen Heere und belagerte die Grenzfeste Bethulia. Er schnitt den Hebräern in der Stadt das Wasser ab und diese waren nahe daran, sich zu ergeben. Da beschloß I., welche eine gottesfürchtige Witwe war, ihr Volk unter Gottes Beistande zu retten. Sie ermahnte die Anführer mit begeisterten Worten, stärkte sich selbst durch inbrünstiges Gebet und ging schön geschmückt und nur von einer Magd begleitet hinaus in das Lager der Feinde. Hier ließ sie sich vor Holofernes führen und verkündete ihm den Sieg über die Hebräer, welche sich an ihrem Gott versündigt hätten und darum von ihm verlassen würden. Sie selbst, sagte sie, wolle den Holofernes siegreich nach Jerusalem führen, bat aber, man möge sie frei im Lager, nach dem Gesetz ihrer Väter, leben lassen. Dieses wurde ihr bewilligt, Holofernes aber entbrannte in sinnlicher Begierde zu dem schönen Weibe und ließ sie am vierten Tage zu sich zum Banket laden. I. erschien, stellte sich, als ob sie dem Feldherrn zu Willen sein wolle und reizte ihn zur Fröhlichkeit, sodaß er viel trank, und als er mit I. allein in sein Schlafgemach kam, trunken auf das Lager fiel. I. faßte nun sein Schwert, betete noch einmal zu ihrem Gotte und schnitt dann dem Holofernes das Haupt ab, welches sie in den Sack that, mit dem ihre Magd vor dem Zelte harrte. Unangefochten ging sie hierauf nach der belagerten Stadt zurück. Als es aber Morgen geworden war, machten die Hebräer einen Ausfall. Die Assyrer gingen, ihren Feldherrn zu wecken, fanden ihn erschlagen, und in der Verwirrung über diesen unerwarteten Unfall ergriffen sie die Flucht. Die Hebräer verfolgten sie erschlugen Viele und machten große Beute. I. wurde von den Vornehmsten ihres Volks als Retterin desselben begrüßt und hoch gefeiert, sie aber pries laut den Gott Jehova, der ihr beigestanden und durch ihre schwache Hand sein Volk errettet habe. Sie lebte ehrbar und gottesfürchtig, unverehelicht bis an ihren Tod. Diese Erzählung von der I. ist niedergeschrieben in dem Buche Judith, welches zu den Apokryphen des A. T. gerechnet wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 515-516.
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