Katharer

[581] Kathārer (d.h. Reine) ist ein Name, mit welchem von der Mitte des 11. bis zum 13. Jahrh. mehre christliche Sekten bezeichnet worden sind, welche gewisse, denen der Manichäer (s.d.) ähnliche, religiöse Ansichten und die Verwerfung des Katholicismus gemein hatten. Sie hielten sich selbst für die echten Christen und reinere Menschen, und erhielten daher den Namen Katharer. Sonst nannte man sie auch wegen ihrer Herkunft aus der Bulgarei Bulgaren (woraus das franz. Schimpfwort Bourgres entstanden ist), Patarener (nach einer schlecht berüchtigten Gegend bei Mailand), Publicaner, Popelitaner, in den Niederlanden Piphies. Sie verwarfen im Allgemeinen das Alte Testament, die Messe, die Sacramente, das katholische Priesterthum, die päpstlichen Satzungen, die Anbetung der Heiligen, des Kreuzes, der Reliquien, und befleißigten sich der Enthaltsamkeit und der innigen Andacht im Gebet, welche sie bis zur mystischen Vereinigung des Menschen mit dem göttlichen Geiste zu steigern suchten. Die unter ihnen zum Theil eingeführte Gütergemeinschaft, die herumschweifende Lebensart, welche sie nicht selten führten, ihre nächtlichen Zummmenkünste wurden häufig Veranlassung zu Ausschweifungen, die mit ihrem Streben nach Enthaltsamkeit und Sittenreinheit nicht übereinstimmten. Sie wurden von der katholischen Kirche heftig verfolgt, wie das Schicksal der großentheils aus Katharern bestehenden Albigenser (s.d.) lehrte. Aus dem Worte Katharer soll der Ausdruck Ketzer (s.d.) entstanden sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 581.
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