Legat

[714] Legat oder Vermächtniß nennt man alles Das, was Jemand nach dem letzten Willen eines Verstorbenen aus dessen Nachlasse als Singularsuccessor (s. Erbrecht) erhalten soll. Man nennt den auf diese Weise Bedachten: Legatar oder Vermächtnißnehmer. Zur Errichtung eines Vermächtnisses ist nicht, wie zur Einsetzung eines Erben, ein förmliches Testament nöthig, sie kann auch in einem bloßen Codicill (s.d.) geschehen. Ja selbst dieses ist nicht erfoderlich und die Hinterlassung des Vermächtnisses kann auf jede beliebige Art und Weise geschehen sein, wenn der Legatar sich erbietet, den Beweis der Hinterlassung durch den Eid des mit dem Vermächtniß Beschwerten zu führen. Die Entrichtung eines Vermächtnisses kann nach dem heutigen röm. Rechte nicht blos dem Erben, sondern auch jedem Andern aufgegeben werden, welcher aus dem Nachlasse des Verstorbenen etwas erwirbt; doch kann ihm nicht mehr herzugeben angesonnen werden, als er selbst erhält. Gegenstand des Legats können alle Sachen sein, die dem Legatar einigen Nutzen gewähren, ihm zur Zeit der Errichtung des Testaments noch nicht gehören und die er überhaupt zu erwerben fähig ist. Hat der Erblasser wissentlich eine fremde Sache vermacht, so muß der Beschwerte diese zu erwerben suchen, um sie dem Legatar zu übergeben oder, ist dies unmöglich, den Werth derselben ersetzen. Stand der Erblasser aber in der Meinung, die Sache gehöre ihm, so ist das Legat ungültig, weil es sich auf eine falsche Voraussetzung stützt. Hat der Erblasser unter mehren in seinem Nachlasse befindlichen Sachen keine speciell bezeichnet, sondern blos die Gattung, z.B. ein Pferd, angegeben, auch gar nicht bestimmt, wer die Sache auswählen soll, so steht dem Legatar das Wahlrecht zu; doch ist er dabei an die Mittelsorte gebunden. Hat ihm aber der Erblasser ausdrücklich das Recht zu wählen zugestanden, so kann er sich das Beste aussuchen, der Erbe aber darf, wenn der Erblasser ihm die Wahl überlassen, nicht grade das Schlechteste wählen. Ist die Wahl einem Dritten zugestanden, so haben sich Erbe und Legatar ganz seinem Ausspruche zu unterwerfen. Jede an sich erlaubte Bedingung kann auch mit der Hinterlassung eines Legats verknüpft werden und nur in Bezug auf den Tag der Erwerbung und des Erfoderungsrechtes entsteht dadurch ein Unterschied. Bei einem unbedingten Vermächtnisse erwirbt der Legatar das Recht auf dasselbe sogleich mit dem Tode des Erblassers; einfodern kann er es aber immer erst nach Antretung der Erbschaft; bei den bedingten Legaten ist überdem der Eintritt der Bedingung erfoderlich, es geht aber auf die Erben des Legatars in allen Fällen über, sobald dieser nur den Erblasser überlebt, also das Legat erworben hat. Das Anwachsungs- oder Accrescenzrecht (s. Erbrecht) findet bei Vermächtnissen nur dann, wenn eine Sache Mehren zusammen vermacht ist und so lange statt, als der Legatar sein Recht noch nicht erworben hat, denn dann geht es auf seine Erben über. – Wenngleich dem Legatar oder Fideicommissar die Herausgabe alles Dessen, was er selbst erhalten hat, auferlegt werden kann, so ist dagegen Derjenige, welcher die Eigenschaft eines Erben besitzt, stets berechtigt, den vierten Theil (die sogenannte quarta Falcidia) von Dem, was ihm hinterlassen ist, unbeschwert zurückzubehalten und verhältnißmäßig von den Vermächtnissen abzuziehen. Für die Notherben muß außerdem noch das Pflichttheil frei und ungeschmälert bleiben. Ein Vermächtniß kann auch wieder aufgehoben werden und die Aufhebung erfodert ebenso wenig Förmlichkeiten als die Auferlegung, nur muß der Beweis derselben herzustellen sein. Auch geht es, wie eine Erbschaft, verloren, wenn sich der Legatar dessen unwürdig macht. Alles, was Derjenige, welcher den letzten Willen verfertigte, in diesem zu seinem Vortheile schrieb, wird ihm entzogen, wenn es nicht von dem Testator auf andere Weise bestätigt ist. Die bisher vorgetragenen, dem röm. Rechte entlehnten Bestimmungen sind die in Deutschland gemeingültigen, so lange nicht Particulargesetzgebungen etwas Anderes festsetzen. In Sachsen und in den meisten kleinern deutschen Ländern sind die Abweichungen davon sehr unbedeutend.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 714.
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