Nemesis

[260] Nemĕsis, Adrastea oder Rhamnusia heißt bei den Alten die Göttin des Maßes, die Beschränkerin des Übermuths und die gerechte Vergelterin, daher Rächerin der Unthaten, zugleich Belohnerin des Guten und Edlen und Beschützerin der den Todten gebührenden Ehrenbezeigungen, weshalb auch das jährlich zu Ehren der Verstorbenen in Griechenland begangene Fest Nemesia hieß. Ihre Herkunft wird sehr verschieden und bald die Nacht, bald die Nothwendigkeit als ihre Mutter, sowie Erebus oder die personificirte Unterwelt, und Okeanos und Jupiter als ihr Vater angegeben. Abgebildet wird sie mit einer königl. Stirnbinde oder einer Mauerkrone, selten mit einem Scheffelmaße auf dem Haupte; ihre rechte Hand erfaßt einen Theil des Gewandes über der Brust und bildet auf diese Art das Ellenmaß; in die linke gibt man ihr eine Schale, einen Zaum oder einen Eschenzweig. Neben ihr oder unter einem ihrer Füße wird zuweilen ein Rad als Sinnbild der Geschwindigkeit angebracht, auch fährt sie auf einem mit zwei Greifen bespannten Wagen und wird zuweilen geflügelt dargestellt Adrastea heißt sie von Adrastos, welcher ihr zu Adrastea oder zu Kyzikon den ersten Tempel errichtet haben soll, und Rhamnusia von einem Orte Rhamnus in Attika, in dessen Nähe ihre von Phidias verfertigte Bildsäule aus einem parischen Marmorblocke stand, welchen die Perser in übermüthiger Verachtung des Widerstandes der Athenienser im Voraus zu einem Siegesdenkmal bestimmt hatten, dafür aber durch die Niederlage bei Marathon (s. Miltiades) bestraft wurden. Andere Sagen lassen N. von Jupiter geliebt und in Gestalt eines Schwans, der bei ihr vor einem verfolgenden Adler Schutz sucht, umarmt werden. Sie soll hierauf ein Ei geboren und Mercur dies zur Leda nach Sparta gebracht haben, wo die als Veranlassung zum trojan. Kriege berühmte Helena daraus hervorging, deren Herkunft aber auch anders erzählt wird.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 260.
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