Riego

[709] Riego (Don Rafael del Riego y Nunez), das unglückliche Haupt des am 1. Jan. 1820 in der Nähe von Cadix begonnenen Militairaufstandes zu Gunsten der span. Constitution von 1812 (s. Cortes), war 1786 in Asturien geboren, ward sorgfältig erzogen, nahm Dienste bei der span. Garde du Corps und schloß sich 1808 der gegen die franz. Oberherrschaft kämpfenden Nationalarmee an, wo er Hauptmann wurde. Sehr bald gerieth er jedoch in franz. Gefangenschaft und mußte bis zum Frieden 1814 in Frankreich bleiben, wo er sich wissenschaftlichen Bestrebungen hingab, dann eine Reise nach Deutschland und England machte und bei seiner Heimkehr als Obristlieutenant wieder in die span. Armee eintrat. Längst von dem patriotischen Wunsche beseelt, zur Verbesserung der immer tiefer verfallenden Verhältnisse seines Vaterlandes mitzuwirken, schloß er sich gern den Entwürfen zu einer liberalen Umgestaltung der Regierungsverfassung Spaniens an, welche von vielen hohen Befehlshabern der Truppen gehegt wurden, die bei Cadix zur Wiedereroberung der span. Colonien in Amerika sich versammelten und zu denen auch R.'s Regiment gehörte. Dem Oberbefehlshaber, Grafen Abisbal selbst war die Verschwörung nicht fremd, er zog sich aber 1819 plötzlich zurück und ließ eine Menge Offiziere deshalb verhaften, unter denen sich indeß R. nicht befand, welcher hierauf am 1. Jan. 1820 im Einverständnisse mit Gleichgesinnten im Dorfe las Cabezas de San-Juan die Cortesverfassung von 1812 an der Spitze seines Bataillons ausrief. Andere folgten diesem Beispiele, die verhafteten Offiziere wurden befreit und die 3000 Mann starken Truppen der nach Amerika bestimmten Expedition nahmen unter dem Oberbefehle von Quiroga (s.d.) den Namen Nationalarmee an und besetzten Isla de Leon. Als diese von einem zehnmal stärkern königl. Heere umstellt worden war, unternahm R. mit 500 M. einen abenteuerlichen Zug zur Verbreitung der constitutionnellen Bewegung über Algesiras, Malaga, Antequera, Cordova und erreichte von da die Sierra Morena, von wo er und die ihm gebliebene kleine Schar einzeln nach Isla de Leon zurückzukehren suchten. Damals dichtete R. in Algesiras jene nach ihm benannte Hymne, die seitdem der span. Freiheitsgesang ist. Die Theilnahme, welche die Constitutionnellen in den erwähnten Gegenden fanden, beförderte übrigens die Annahme der Constitution durch Ferdinand VII., der nun R. zum Oberbefehlshaber der Truppen zu Isla de Leon ernannte. Mit der Unterwerfung derselben erschien er im Sept. 1820 in Madrid, wo er hochgefeiert, bald aber Gegenstand von Argwohn und Mistrauen wegen seiner angeblich republikanischen Grundsätze und nach Auflösung der sogenannten Nationalarmee nach Asturien verwiesen wurde. Einige Monate später zum Generalcapitain von Aragonien ernannt, jedoch auch dieser Stelle bald entsetzt, ward R. in Asturien zum Deputirten bei den Cortes ernannt und trat als solcher im Febr. 1822 wieder in Madrid auf, wo er am 1. März zum Präsidenten der Versammlung gewählt wurde und mit Besonnenheit diese Würde verwaltete. In Folge der gegen die Constitution gerichteten Bewegung der span. Garden im Jul. 1822 trat R. als Gemeiner in die Reihen der Constitutionnellen, ward 1823 vom Könige zum zweiten Befehlshaber im Heere von Ballesteros gegen die in Spanien einrückenden Franzosen ernannt und erkannte die von jenen geschlossene Capitulation von Malaga nicht an. R.'s Anhang ward jedoch bald zersprengt, er selbst von span. Bauern im Sept. den Franzosen, von diesen an die span. Behörden ausgeliefert und nach kurzem Proceß am 7. Nov. 1823 zu Madrid als Hochverräther gehenkt. Der Gram tödtete im folgenden Jahre seine junge Gattin zu London und 1835 erst ist durch die Königin-Regentin Christine R.'s Andenken ehrenvoll hergestellt worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 709.
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